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Platz für neue Zettel an der Klagemauer

von Ulrich W. Sahm, Jerusalem, 20. September 2017

Zweimal im Jahr, zu Pessach und zum Neujahr, werden aus den Ritzen der Steine der Klagemauer die mehreren tausend Zettel entfernt, die von Besuchern der Mauer dort hineingesteckt worden sind, mit Gebeten und Bitten an Gott.
Einen solchen Zettel, den der US-Präsident Donald Trump in die Klagemauer gesteckt hat, haben angeblich seinen Begleiter schon vorsorglich entsorgt, damit er nicht in „falsche Hände“ gerät. Um Platz für neue Zettel zu schaffen, haben Arbeiter zusammen mit dem Rabbiner der Klagemauer, Rabbiner Shmuel Rabinovitch, in mühseliger Arbeit die Zettel entfernt. Die Zettel werden nicht weggeworfen, sondern in Säcke gefüllt und in einem besonderen Grab auf dem Ölberg beerdigt. Die Zettel mit den Bitten verlieren nie ihre Gültigkeit, erklärte der Rabbiner der Klagemauer. „Es reicht eine einzige Sekunde, die der Zettel in der Klagemauer liegt. Wichtig ist die Absicht, die hinter dem Schreiben des Zettels steht.“ Ein Rundfunkreporter erwähnte, um zu sagen, dass ein Ereignis lange vor seiner Geburt passierte: „Damals war ich noch ein Zettel in der Klagemauer.“

In Diskussionen zu diesem Thema kam auch die Frage auf, ob man Gott eine Email schicken könne. Tatsächlich bietet die The Western Wall Heritage Foundation einen solchen Dienst an. Sie habe schon über eine halbe Millionen solcher „Briefe“ empfangen, ausgedruckt und als Zettel in eine der Ritzen der Klagemauer gestopft.

Foto: Eine Frau betet an der Cotel (Klagemauer). Im Hintergrund sind die Zettel in der Ritze zu erkennen/Wikimedia Commons, BarbaraZoe