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Israel-Freunde entsetzt über Koalitionsvertrag

von Tommy Mueller

BERLIN / JERUSALEM, 08.02.2018 – Der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD stößt bei Israel-Freunden in Deutschland und im Heiligen Land auf heftige Kritik. In dem Vertrag heißt es: „Deutschland wird sich weiter für eine Lösung des Nahostkonflikts auf Basis einer Zweistaaten-Lösung einsetzen. Der Status von Jerusalem wird genauso wie andere beschließende Statusthemen erst im Zuge von Verhandlungen geklärt werden, um dauerhaft akzeptiert und haltbar zu sein. Die aktuelle Siedlungspolitik Israels widerspricht geltendem Völkerrecht und findet nicht unsere Unterstützung, weil sie eine Zweistaaten-Lösung erschwert.“

Die Koalitionäre wissen offenbar besser, wie ein Frieden im Nahen Osten zu erreichen ist, als die Beteiligten selbst. Erst vor wenigen Wochen hatte eine repräsentative Umfrage in Israel gezeigt: Weniger als die Hälfte der israelischen Juden und Palästinenser – jeweils 46 Prozent – unterstützen das allgemeine Konzept einer Zweistaaten-Lösung (Fokus Jerusalem berichtete). US-Präsident Donald Trump hatte erklärt, die USA träten nur dann für einen palästinensischen neben einem jüdischen Staat ein, wenn beide Parteien dies wollten.

Mit „Bestürzung“ hat die Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG), so ihr Präsident Hellmut Königshaus (FDP), die Koalitions- Formulierung zu Nahost zur Kenntnis genommen. Dieser Passus lege „die Axt an das bisher freundschaftliche Verhältnis zu Israel und beschreibe eine neue, einseitig israelkritische Politik.“

Bitter und beschämend“

Es sei „bitter und beschämend“, so die DIG in einer Pressemitteilung, dass verantwortliche Politiker in diesem Land ausblendeten, dass und warum sich der Staat Israel als sichere Heimstatt aller Juden verstehe – als jüdischer Staat, in dem die Überlebenden des Holocaust Zuflucht fanden. Dies müsse, so Königshaus, gerade von den Deutschen respektiert werden. „Israels Existenzrecht als jüdischer, demokratischer Staat und seine Sicherheit müssen deutsche Staatsräson bleiben – nicht nur in Worten, vielmehr auch in der praktischen Politik.“

Verherrlichung von Terror und Gewalt

Israel als die einzige Demokratie der Region und seine demokratisch gewählten Politiker verdienten deutsche Wertschätzung. Anders sei es um die palästinensische Führung bestellt, die sich seit Jahren keinen Wahlen mehr stelle. Diese Politiker fordern, so der DIG-Präsident, Rechte aus Verträgen und Resolutionen ein, die sie selbst mit den Füßen treten. „Sie verherrlichen Terror und Terroristen, huldigen den Tätern und gewähren ihnen nicht zuletzt aus deutschen und europäischen Geldern „Märtyrer-Renten“.

Mehr Hilfe für Palästinenser

Doch zum Thema „palästinensischer Terror“ findet sich im Koalitionsvertrag kein Wort. Stattdessen will die künftige Bundesregierung die Palästinenser stärker unterstützen. In der Koalitionsvereinbarung heißt es dazu: „Wir werden in der EU eine Initiative sowohl zur ausreichenden und nachhaltigen Finanzierung als auch der Reform des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) ergreifen.“ Diese Aussage sei inakzeptabel, so die DIG, zumal keinerlei Kontrollmechanismen vorhanden seien.

Dass die Vereinten Nationen (VN) und ihre Unterorganisationen in den vergangenen Jahren zum Teil absurde anti-israelische Resolutionen verabschiedet haben, stört CDU, CSU und SPD nicht – im Gegenteil. Sie haben beschlossen: „Wir sind bereit, unsere freiwilligen VN-Beiträge strategischer auszurichten und zu erhöhen.“

Alle großen israelischen Medien haben dieser Tage über den Kurswechsel der künftigen deutschen Regierung berichtet. Die bekennt sich zwar weiterhin mit Worten zum jüdischen Staat („Das Existenzrecht Israels ist für uns unumstößlich und ein Pfeiler deutscher Politik.“). Doch der Geist der Koalitionsvereinbarung weist in die entgegengesetzte Richtung.

Foto: Bundeskanzelerin Merkel 2016 im Gespräch mit Israels Regierungschef Netanjahu. Merkel ist in Israel sehr beliebt. Um so größer ist nun das Entsetzen über die einseitige Verurteilung Israels im Koalitionsvertrag. Foto: GPO / Archiv FJ

So sieht man in Israel die Zweistaaten-Lösung:

Umfrage: Die Zwei-Staaten-Lösung. Wer will sie eigentlich?

Foto: Flash90 / Archiv FJ

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