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„Israel ist nicht gut genug auf einen Cyberkrieg vorbereitet“

TEL AVIV / JERUSALEM, 14.02.2018 (FJ) – „Israel ist nicht gut genug auf einen Cyberkrieg vorbereitet.“ Dieser Meinung ist der ehemalige Direktor des Geheimdienstes Mossad, Tamir Pardo.

Viele Anstrengungen sind unternommen worden, ich weiß genau über Israels Bemühungen Bescheid. Aber es ist unzureichend und bei weitem nicht genug. Das ist ein Problem“, sagte Pardo im Rahmen einer Konferenz in Tel Aviv und fügte hinzu, dass sich viele Menschen über Regierungsausgaben beschweren, ohne deren Wert zu schätzen.

Cyberkriege bieten beängstigende Möglichkeiten

Pardo war als Redner geladen bei der Muni-Expo, der ersten internationalen Cybersicherheitskonferenz für den kommunalen Sektor. Er malte ein düsteres Bild davon, was ein Cyberangriff mit der Fähigkeit, intelligente Geräte zu zerstören, entfesseln könnte: „Nehmen wir an, dass im heißen israelischen Sommer die Klimaanlagen in allen Krankenhäusern in Tel Aviv aufhören zu arbeiten. Oder dass alle Daten aller Schulen und Universitäten gelöscht werden. Wer trägt die Verantwortung?“ In einem anderen möglichen Szenario könnten alle Mobiltelefone und Smartphones funktionsunfähig gemacht werden: „Sie können niemanden anrufen, Sie können keine Nachrichten senden.“

Sollte ein solcher Fall eintreten, würde mehr als nur Chaos herrschen. Pardo prophezeite, dass sich alle gegenseitig die Schuld zuschieben würden.

Cyberkrieg würde Israels Wirtschaft nicht lahmlegen

Regierungen stehen bei der Errichtung von Cyber-Abwehreinrichtungen vor zahlreichen Herausforderungen, die viele Monate und Jahre dauern können, da dafür die Entwicklung und Installation von defensiver Software erforderlich ist. Pardo hatte als Mossad-Direktor eine hohe Sicherheitsstufe – er kennt die Bemühungen und Kenntnisse staatlicher und nicht-staatlicher Hackergruppen (inklusive der Cyber-Fähigkeiten der Hamas und der Hisbollah). Der ehemalige Spionagechef glaubt nicht, dass ein Cyberkrieg die israelische Wirtschaft lahmlegen könnte. Allerdings sei das Risiko ernst zunehmen. Viele ehemalige Mitarbeiter des Mossad und anderer Sicherheitsfirmen arbeiten mittlerweile bei Cybersicherheits-Unternehmen. Doch auch diese Maßnahme ist laut Pardo nicht ausreichend.

Hacker sollten gemeinsam arbeiten

Pardo schlug vor, dass Hacker, die mit feindseligen Staaten in Verbindung gebracht werden, gemeinsam mit kriminell veranlagten Jugendlichen im sogenannten „Dark Web“ zusammenarbeiten könnten. Diese Super-Hacker sollten immer wieder versuchen, in die Infrastruktur einzudringen und Abwehrmechanismen zu verbessern. „Alles ist möglich, wenn wir über Cyber sprechen“, sagte Pardo.

Unsichtbare Gefahr

Cyberangriffe hinterlassen meist keinen physischen Abdruck, dennoch können ihre Auswirkungen weitreichend sein. Ein Cyberangriff kann zu sozialem Chaos führen. „Wenn ich versuche Cyber zu definieren, sage ich: Cyber ist eine Waffe, eine sehr leise Atomwaffe. Es ist wie im Zweiten Weltkrieg, als die Amerikaner die Atombomben über Japan abwarfen. Mit Cyber können Sie Gesellschaften schädigen, Sie können Staaten zerstören und Sie können einen Krieg gewinnen, ohne Kugeln abzufeuern“, erklärte Pardo.

Pardo war von 2011 bis 2016 Direktor des israelischen Geheimdienstes Mossad. Er schied nach 35 Jahren aus dem Geheimdienst aus. Heute berät er Cybersicherheitsfirmen.

Foto: Flash90

Zur Abwehr von Cyberattacken bildet die israelische Armee Spezialisten aus. Ein Fokus Jerusalem-Team hatte die Gelegenheit, eine Ausbildungseinheit zu besuchen:

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