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Verteidigungsminister kritisiert Heuchelei nach Gaza-Ausschreitungen

JERUSALEM / GAZA, 01.04.2018 (TM) – Die israelische Regierung hat Kritik am Vorgehen ihrer Armee an der Gazagrenze zurückgewiesen. Verteidigungsminister Avigdor Lieberman kritisierte die Forderungen nach einer internationalen Untersuchung als heuchlerisch. Die Soldaten hätten den bewaffneten Arm der Hamas-Terrorgruppe mit Entschlossenheit und Professionalität zurückgedrängt. Die weltweiten Kritiker seien offenbar verwirrt: „Die dachten, die Hamas organisiere ein Woodstock-Festival und wir hätten den Marschierern dazu Blumen liefern sollen.“

Armee: Zehn Tote waren Hamas-Mitglieder

Bei den gewalttätigen Protesten waren am Karfreitag 16 Palästinenser ums Leben gekommen und rund 1400 verletzt worden (FJ berichtete). Die Hamas gab nun bekannt, dass unter den Toten fünf ihrer Kämpfer seien. Die israelische Armee teilte mit, sie habe zehn der 16 Toten als Hamas-Mitglieder identifiziert. Sie veröffentlichte eine Liste mit ihren Namen und Fotos. Bei den Todesopfern handele es sich um Männer im Alter wischen 19 und 35 Jahren. Der palästinensische Botschafter bei den Vereinten Nationen, Riyad Mansour, wurde auch in deutschen Medien mit seiner Aussage zitiert, Israel habe ein „abscheuliches Massaker unter Frauen und Kindern“ angerichtet. Tatsächlich hat niemand, auch nicht die Hamas, behauptet, dass eine Frau oder ein Kind ums Leben gekommen sei. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas bat die Vereinten Nationen um „internationalen Schutz“ vor den Israelis.

Diese fünf Hamas-Kämpfer wurden erschossen.

Die radikal-islamische Hamas veröffentlichte dieses Foto von fünf getöteten Kämpfern.

Die neue Chefin der linken Meretz-Partei, Tamar Zandberg, hat von den israelischen Behörden eine offene Untersuchung der Vorfälle verlangt. Sie schloss sich damit den Forderungen von UN-Generalsekretär Guterres und der Außenbeauftragten der Europäischen Union, Federica Mogherini, an. Es müsse untersucht werden, ob der Einsatz von scharfer Munition gerechtfertigt gewesen sei. Palästinensische Medien zeigten ein Video, das beweisen soll, dass ein 16 Jahre alter Palästinenser von israelischen Soldaten in den Rücken geschossen und getötet worden sei. Ob das Video echt ist, ist unklar. Die USA haben bei einer Dringlichkeitssitzung des Weltsicherheitsrates in der Nacht zum Samstag verhindert, dass Israel für sein Vorgehen verurteilt wurde.

Israel-Kritiker Erdogan

Als scharfer Israel-Kritiker präsentierte sich erneut der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan. Er sprach in Istanbul von einer „unmenschlichen Attacke“ der Israelis und einem „Massaker“. Israel habe schwere Waffen eingesetzt gegen Protestierer, die sich auf ihrem eigenen Land befunden hätten. Erdogan hatte vor wenigen Tagen das Krankenhaus der kurdischen Stadt Afrin in Nordsyrien von seiner Luftwaffe bombardieren lassen. Dabei wurden nach Angaben der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte mindestens 16 Zivilisten getötet und Dutzende verletzt. Zehntausende mussten vor den Angriffen der Türken flüchten.

Marsch des Terrors“

Israel ist auf weitere Gaza-Proteste vorbereitet. Verteidigungsminister Lieberman erklärte am Sonntag, Israel würde weitaus härter reagieren, wenn es erneut zu Protestaktionen komme. Er sprach von einem „Marsch des Terrors“. Die israelischen Streitkräfte sind den Hamas-Kämpfern militärisch weit überlegen. Aber in einem Punkt waren sich die internationalen Beobachter am Wochenende einig: Den Kampf um die Meinung der Weltöffentlichkeit hat die Hamas gewonnen.

Bild: Eine Demonstrantin mit Kind und palästinensischer Flagge in Khan Younis im südlichen Gazastreifen. Foto: Abed Rahim Khatib / Flash90

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