Ein Staatsbesuch mit Hindernissen
Der Autor gibt keine Gewähr für die Richtigkeit der hier gemachten Angaben, denn Trumps Besuchsprogramm in Israel ändert sich im Minutentakt.
JERUSALEM, 22.05.2017 (DL) – Am Sonntag, keine 24 Stunden vor Beginn des „historischen Staatsbesuchs“ des neuen amerikanischen Präsidenten Donald Trump in Israel tobte Premierminister Benjamin Netanjahu, denn viele Minister wollten der Empfangszeremonie auf dem Flughafen fernbleiben, da sie nicht die „Statisten“ am Rande spielen wollten. Zudem missfiel ihnen, schon zweieinhalb Stunden vor der Landung am Flughafen für eine Sicherheitskontrolle erscheinen zu müssen. Premierminister Netanjahu ließ daraufhin eine Sitzung mit den Fraktionsvorsitzenden seiner Koalition platzen und „befahl“ den Ministern, pflichtgemäß teilzunehmen. Es hieß, die Amerikaner hätten gefordert, wegen dem feuchtheißen Klima den Empfang kurz zu halten. Trump soll deshalb nur dem Premier, dem Präsidenten und dem Knesset-Vorsitzenden die Hand geben.
Am Montag, dem 22. Mai, soll die Air Force One nach einem erstmaligen Direktflug von Saudi Arabien um 12:15 Uhr in Tel Aviv landen. An Bord sind der amerikanische Präsident und 600 Begleiter. Der Besuch fällt mit den Feierlichkeiten zur Wiedervereinigung Jerusalems vor 50 Jahren zusammen. 11.000 Soldaten, Polizisten und Geheimdienstleute sollen die Sicherheit des teuren Gastes garantieren.
Vorläufiges Programm
Nach der Landung auf dem Ben Gurion Flughafen ist die „offizielle Begrüßungszeremonie“ geplant. Weil die Zeit extrem knapp ist, wird es nur ein Abspielen der Hymnen geben, was notfalls in knapp 9 Minuten absolviert werden kann. Reden sind nicht geplant, denn schon 45 Minuten später ist der Empfang im Präsidentenpalais in Jerusalem vorgesehen. Trump fliegt mit dem Hubschrauber. Trotzdem wird die Autobahn Nr. 1 zwischen Tel Aviv und Jerusalem gesperrt.
Trump „okkupiert“ die Klagemauer
Am Nachmittag wird Trump einen „privaten“ Spaziergang durch die Jerusalemer Altstadt zur Grabeskirche und der Klagemauer vornehmen.
Um zur Grabeskirche zu gelangen, muss Trump durch den Basar der Altstadt eine Strecke zu Fuß laufen. In israelischen Medien hieß es, dass dazu die Läden entlang der Strecke geschlossen und die Bewohner auf Weisung des amerikanischen Geheimdienstes evakuiert werden müssten.
Mit einer Autokolonne von über 80 Fahrzeugen wird Trump dann zur Klagemauer fahren. Dort sind schon alle Sperren und Betonbolzen entfernt worden, um Parkplätze zu schaffen.
Bei den Vorbereitungen hatten amerikanische Konsularbeamte aus Jerusalem die israelischen Geheimdienstmitarbeiter gebeten, sich für die Dauer von Trumps Aufenthalt an der Kotel (Klagemauer) zu entfernen: Die Klagemauer gehöre zum (palästinensischen) Westjordanland und stehe nicht unter der Verantwortung Israels. Die Amerikaner schlugen ihrerseits Netanjahus Angebot aus, den amerikanischen Präsidenten zu der Heiligsten Stätte des Judentums in der Altstadt zu begleiten. Offiziell heißt es nun, Israel sei „begeistert“, dass Trump als erster amerikanischer Präsident ein Briefchen an den lieben Gott zwischen die Steine stecken wolle.
Abendmahl ohne Entourage
Um 19:30 Uhr fahren Trump und Netanjahu vom King David Hotel, wo Trump in der Präsidentensuite übernachtet, durch abgesperrte Straßen zum Sitz des Premiers. Alle parkenden Autos der Anwohner werden vorsorglich abgeschleppt. Die Polizei klebte rote Zettel mit hebräischen Anweisungen auf die Windschutzscheiben. Allerdings verstehen die meisten Anwohner hier nur Englisch oder Französisch …
Ab 20 Uhr wollte Israels Verteidigungsminister Avigdor Liberman den 600 Begleitern des Präsidenten und der israelischen Delegation im King David Hotel ein offizielles Abendessen geben. Doch am Sonntag verkündeten die Amerikaner ohne Angabe von Gründen, dass dieses Dinner abgesagt sei.
Kein Besuch in Arafats Gruft – dafür Randale in Bethlehem
Ursprünglich wollte Trump Ramallah besuchen. Doch die Amerikaner bemerkten, dass palästinensische Fotografen strategisch so positioniert werden sollten, dass sie Trump ablichten könnten, wie er am Mausoleum von Jassir Arafat vorbeiläuft. Das wollten die Amerikaner unbedingt vermeiden. Undenkbar für einen US-Präsidenten, dem „Erzterroristen“ Jassir Arafat die Ehre zu erweisen, wie es Steinmeier tat. Trump trifft Abbas dafür in Bethlehem. Allerdings hier ohne religiösen Bezug: Die Geburtskirche steht nicht auf dem Besuchsplan.
Auf dem Weg zum Regierungssitz in Bethlehem könnte es ungemütlich werden, denn die palästinensische Gruppierung „Islamic and National Forces“ hat zu einem „Tag der Wut“ aufgerufen. Die in den westlichen Medien traditionell „friedlich und gewaltlos“ bezeichneten Demonstrationen werden meistens mit Steinhagel, brennenden Reifen und sogar Schüssen begangen. Trump solle so die Botschaft mitgeteilt werden, dass die Palästinenser auf „Selbstbestimmungsrecht und nationaler Unabhängigkeit, mit Jerusalem als ihrer souveränen Hauptstadt“ bestehen. Weiter hieß es, die USA würde die „Besatzung“ unterstützen. Eine amerikanische Reaktion auf die geplante Demonstration entlang Bethlehems Hauptstraße steht noch aus.
Yad Vashem im Blitzdurchgang
Um 13 Uhr wird Trump dann in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem erwartet. Für die Kranzniederlegung im „Zelt des Gedenkens“ sind nur 15 Minuten vorgesehen. In Israel wurde Unmut laut, denn die Zeit reicht knapp für den Eintrag in das Gästebuch der Gedenkstätte.
Museum statt Masada
Der Abstecher des US-Präsidenten nach Masada am Toten Meer wurde vom israelischen Außenministerium wegen „extrem heißen Wetters“ storniert. Bekanntlich sind Vorhersagen der Meteorologen mindestens so unzuverlässig wie Prognosen von Politikern. Tatsächlich prophezeien die Wetterfrösche inzwischen „ungewöhnlich niedrige Temperaturen“. Die Israelis erfanden wohl eine diplomatische Ausrede, um einen unerträglichen logistischen Aufwand und irrsinnige Kosten zu vermeiden: Gegen einen Ausflug per Hubschrauber hatte die IDF Sicherheitsbedenken, eine Gondelfahrt mit der Seilbahn auf den Berg wollten die Amerikaner Trump nicht zumuten.
Hat sich Josephus verzählt?
Die regierungskritische Zeitung Haaretz stellte bei der Gelegenheit gleich den ganzen nationalen Mythos um Masada als „archäologisch unbewiesene Legende“ dar. Der Historiker Josephus Flavius hatte als einzige Quelle behauptet, dass die jüdischen Verteidiger von Masada sich gegenseitig umgebracht hätten, um nicht von den Römern in die Sklaverei verschleppt zu werden. Dieser „Wunsch nach Freiheit“ wurde zum nationalen Mythos, weswegen viele israelische Soldaten auf Masada vereidigt werden. Haaretz stellte die Ereignisse im Jahr 73 mit dem Argument in Frage, dass man dort 13 Ostrakoi (Scherben) mit den hebräischen Namen der Verteidiger gefunden habe, und nicht 11, wie Josephus behauptete. Mit diesen Scherben wurde ausgelost, wer die Anderen umbringen und am Ende sich selber töten sollte.
Kein Kino für Journalisten
Zu Trumps geplanter Rede im Israel Museum wurde die Presse gebeten, sich schon um 9:30 Uhr am Axel-Springer-Auditorium des Museums einzufinden, um die für 14:15 Uhr angesagte Rede auf der Kinowand zu verfolgen. Sonntagmittag hieß es plötzlich, dass die Kino-Vorstellung der Rede im Auditorium abgesagt sei, wegen „Sicherheitsbedenken, jenseits unserer Kontrolle“.
Geografischer Fauxpas
Trumps Wahlkampf-Motto, die amerikanische Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen, wird gemäß Berichten aus Washington noch „geprüft“. Trump wolle, so hieß es, den geplanten Umzug nicht verkünden. Das Weiße Haus zeigte dazu den jüdischen Staat in den Umrissen von 1967, ohne Golanhöhen, Westjordanland und Jerusalem. Wegen Protesten aus Israel wurde dieser politisch nicht korrekte Reiseplan des Präsidenten auf dem Youtube-Kanal des Weißen Hauses auf „privat“ gestellt.
Foto: Fokus Jerusalem