Keine gemischte Gebetszone an Klagemauer
JERUSALEM, 26.06.2017 (FJ) – Vorerst wird es für Frauen und Männer keine gemeinsame Gebetszone an der Kotel (Klagemauer) geben. Israels Regierung hat ihren Plan aufgegeben, an der Jerusalemer Klagemauer künftig Frauen und Männer in einen gemischten Bereich zusammen beten zu lassen.
Das Vorhaben war Anfang 2016 beschlossen worden – nun aber wieder auf Eis gelegt. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte am Sonntag seine Berater angewiesen, einen neuen Plan auszuarbeiten. Für diesen Schritt wird er gelobt und kritisiert: Abgeordnete der ultra-orthodoxen Parteien Schas und Vereinigte Thora erklärten, den Plan einzufrieren entspräche dem „Willen des Großteils des Landes“ und damit würde „die Heiligkeit und der Status der Klagemauer geschützt“.
Netanjahu wird für seine Entscheidung kritisiert
Bei liberalen Juden stößt die Entscheidung auf heftige Kritik: Sie wird als Rückschlag für Versuche angesehen, in Israel mehr religiösen Pluralismus zu etablieren. Die Vorsitzende der Gruppe „Frauen der Klagemauer“ (Neshot Hakotel), die sich seit Jahrzehnten für einen gleichberechtigten Zugang zur Mauer einsetzen, nannte die Entscheidung „feige“. Oppositionspolitiker Yair Lapid warf dem Ministerpräsidenten „unverantwortliches Handeln“ vor. Netanjahu gebe damit seine Rolle als Führer des jüdischen Volkes auf, so Lapid. Verteidigungsminister Avigdor Lieberman sagte, die Entscheidung sei ein schwerer Schlag für die Einheit des jüdischen Volkes.
Kotel ist heiligste Stätte des Judentums
Die Kotel ist ein Rest des im Jahr 70 von dem Römern zerstörten Zweiten Tempels und gilt als der heiligste Ort des Gebets für Juden. Die Klagemauer steht unter ultraorthodoxer Verwaltung. Gemäß einer strengen Auslegung des jüdischen Glaubens dürfen Männer und Frauen nur in von einander getrennten Bereichen beten.
Foto: Miriam Alster/Flash90