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Kommt es zum offenen Krieg mit dem Iran?

von Tommy Mueller

JERUSALEM, 11.02.2018 – Seit Jahren liefern sich der Iran und Israel einen „Schattenkrieg“. Das schiitische Mullah-Regime in Teheran sorgt dafür, dass es den islamistischen Terrorgruppen in Israels Nachbarschaft nicht an Waffen, Geld und Ausbildern mangelt. Israels Luftwaffe bombardiert regelmäßig Waffentransporte für den Iran-Ableger Hisbollah im Libanon, mittlerweile soll es mehr als 100 Luftschläge gegeben haben. Vor zehn Jahren starb der legendäre Hisbollah-Kommandeur und Terror-Drahtzieher Imad Mughniyeh in Damaskus durch eine Autobombe. Angeblich wurde sie vom israelischen Auslandsgeheimdienst Mossad gelegt, der auch für den plötzlichen Tod mehrerer iranischer Atomwissenschaftler verantwortlich sein soll.

Welche Rolle spielt Russland?

Das alles spielte sich im Halbdunkel ab, ohne offizielle Bestätigungen und ohne schwerwiegende Folgen. Am Samstag kam es aber erstmals zu einer direkten militärischen Auseinandersetzung: Der Abschuss einer iranischen Drohne über israelischem Gebiet, die Bombardierung iranischer Stellungen in Syrien und der Abschuss des israelischen F-16-Kampfflugzeuges könnte der Beginn eines offenen Krieges sein, warnt heute Yaakov Katz in der Tageszeitung „Jerusalem Post“. Mit verantwortlich sei Russland, das zusammen mit den Iranern den syrischen Präsidenten Assad an der Macht hält. Das Problem: die syrischen Rebellen sind weitgehend besiegt, aber die Iraner bleiben, mit Billigung des russischen Präsidenten Putin. Hochmoderne iranische Stellungen direkt an der israelischen Grenze sind für Jerusalem ein Horror-Szenario – schließlich lassen die Mullahs in Teheran keine Gelegenheit aus, dem „zionistischen Krebsgeschwür“ die Vernichtung anzukündigen.

Israels Regierungschef Netanjahu unterstrich am Wochenende, man werde Ziele in Syrien und im Iran angreifen, wann immer das nötig sei. Rückendeckung erhielt er von US-Präsident Trump, der das Recht auf Selbstverteidigung der Israelis gegen „provokative Aktionen der Iraner“ betonte. Aus Teheran war zu hören, Israel habe die Geschichte mit der iranischen Drohne erfunden. Die israelische Luftwaffe hält dagegen, dass die Drohne von einem Flugplatz im syrischen Palmyra gestartet sei, der sich mittlerweile in Händen der iranischen Revolutionsgarden befinde. Dieser Flugplatz war eines der zwölf Angriffsziele der israelischen Kampfflugzeuge.

Größter Kampfeinsatz seit 1982

Die israelischen Luftschläge vom Samstag waren der größte Kampfeinsatz der israelischen Luftwaffe seit dem ersten Libanon-Krieg 1982. Damals war zuletzt ein israelisches Kampfflugzeug abgeschossen worden – was viel sagt über die Überlegenheit der israelischen Luftwaffe in der Region. Vermutlich wurde die F-16 von einer russischen Luftabwehrrakete getroffen (SA-5, SA-17, SA-6 oder SA-3). Der Zustand des israelischen Piloten, der bei der Betätigung seines Schleudersitzes schwer verletzt wurde, hat sich nach mehreren Notoperationen stabilisiert. Mittlerweile müsse er nicht mehr künstlich beatmet werden und sei außer Lebensgefahr, teilte das Rambam-Hospital in Haifa am Sonntag mit.

Große Sympathien für Iraner

Der Konflikt zwischen Israel und dem Iran ist tragisch, weil es zwischen den beiden Völkern große Sympathien gibt. Netanjahu hat das in verschiedenen Ansprachen betont. Zuletzt würdigte er öffentlich einen iranischen Ringer, der einen internationalen Wettkampf in Polen aufgab, damit er nicht gegen einen Israeli kämpfen muss. Nicht das iranische Volk sei der Gegner Israels, sondern das extremistische Regime in Teheran, das sein eigenes Volk blutig und brutal unterdrücke.

Im Iran-Konflikt hat Israel nicht nur die Unterstützung der USA, sondern im Geheimen auch von vielen sunnitischen Staaten, allen voran Saudi-Arabien. Grund ist der Konflikt zwischen Schiiten und Sunniten. Wie sehr sich die beiden Gruppen hassen, zeigt sich beispielsweise bei den (sunnitischen) Palästinensern: deren schlimmstes Schimpfwort ist nicht etwa „du Jude“ oder „du Hund“, sondern „du Schiit“.

Gelassene Israelis

Seit Samstag ist die Sicherheitslage in Israel deutlich angespannter als zuvor, mit ungewissem Ausgang. Aber die Israelis nehmen es gewohnt gelassen: Am Wochenende war der „Kriegsschauplatz“ Nordisrael voll von Wanderern und Familien, die es genossen, in freier Natur zu grillen und mit ihren Kindern zu spielen. Den Abschuss der F-16 schienen sie gleich nach dem Frühstück bereits wieder vergessen zu haben.

Bild: Israelische Soldaten beobachten von den Golanhöhen aus, was in Syrien vor sich geht. Nach dem Abschuss des israelischen Kampfjets sind die Truppen in erhöhter Alarmbereitschaft. Foto: Flash90

Dieses Video der Armee zeigt, wie die iranische Drohne von einem israelischen Kampfhubschrauber abgeschossen wird. Weiter ist der Angriff auf die Steuerzentrale der Drohne in Syrien zu sehen:

 

Fokus Jerusalem berichtete:

Luftkampf über den Golanhöhen: Israelischer Kampfjet abgeschossen

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