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Israel erschüttert nach Schüssen vor Synagoge in Halle – mit Video-Interview

JERUSALEM, 10.10.2019 (DK) – Der rechtsextrem motivierte Angriff auf die Synagoge in Halle am Abend des wichtigsten jüdischen Feiertages, Jom Kippur, hat in Israel Schlagzeilen gemacht. Im ganzen Land ist das Entsetzen groß. Die israelische Nachrichtenseite Walla betitelte ihren Beitrag zu der steigenden Anzahl antisemitischer Übergriffe: „Der Antisemitismus in Deutschland nimmt zu: Vorboten einer Kristallnacht zeigen sich wieder”. Die bekannte Zeitung Haaretz schreibt: „Wer deutschen Nachrichten folgt ist nicht überrascht, dass es beinahe zum Massaker kam”. Am Mittwoch versuchte der 27-jährige Neonazi Stephan Balliert in die Synagoge der Stadt Halle einzudringen, scheiterte jedoch aufgrund der verriegelten Türe und erschoss daraufhin eine Passantin, sowie ein weiteres Opfer bei einem Döner-Imbiss. 

Netanjahu: Terroranschlag ist Ausdruck des wachsenden Antisemitismus in Europa

Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu erklärte, dass „der Terroranschlag gegen die Gemeinde in Halle am Jom Kippur, dem heiligsten Tag für unser Volk, ein Ausdruck des wachsenden Antisemitismus in Europa“ sei. Im Namen ganz Israels bekundete er den Angehörigen der Opfer sein Beileid. Auch Präsident Reuven Rivlin sagte, er sei „fassungslos und betrübt“ über die schreckliche Tat. „Wir werden uns auch weiterhin für Bildung und Erinnerung im Kampf gegen den Antisemitismus einsetzen, der sich in Europa und auf der ganzen Welt immer wieder zeigt“, so der Präsident.

Netanjahus Herausforderer, Benny Gantz, forderte die Regierung in Berlin auf, stärkere Maßnahmen im Kampf gegen den Judenhass zu ergreifen. Er forderte konkret, die Sicherheitskräfte in jüdischen Einrichtungen zu verstärken. Der Vorsitzende der arabischen Partei „Vereinte Liste”, Ayman Odeh, schrieb auf Twitter: „Die extreme Rechte zeigt sich in Deutschland mit einer mörderischen Attacke gegen eine Synagoge wieder. Antisemitismus und Islamophobie sind eng verbunden. All jene, die an die Demokratie glauben, jeglicher religiösen Herkunft, müssen sich zusammentun, um die schrecklichen Neonazis zurück in die Geschichtsbücher zu schicken.” 

Zentralrat der Juden wirft Staatsanwaltschaft Fahrlässigkeit vor

Unter Israelis und deutschen Juden sind diese Woche Stimmen laut geworden, welche den Berliner Behörden „Fahrlässigkeit“ im Hinblick auf antisemitische Übergriffe vorwarfen. Vergangenen Freitag hatte ein 23-Jähriger mit gezücktem Messer und den Worten „Allahu akbar” die Absperrung einer Synagoge in der deutschen Hauptstadt überwunden. Am nächsten Tag wurde der Mann bereits wieder entlassen, da nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft kein Grund für einen Haftbefehl vorlag. Der Zentralrat der Juden nannte diese Entscheidung „unfassbar”. Der ehemalige israelische Militärsprecher und Buchautor Arie Salicar, der in Berlin aufgewachsen ist, machte diese Nachlässigkeit für den Angriff in Halle verantwortlich: „Was hat Deutschland anderes erwartet, wenn ein messerschwingender Antisemit vor einer Berliner Synagoge gestoppt wird und kurz darauf wieder freigelassen wird? Es war abzusehen, dass sehr bald schon der nächste antisemitische Angriff stattfinden wird. Solange die Bundesrepublik in erster Linie Sonntagsreden schwingt, statt knallhart durchzugreifen, wird Halle nicht das letzte Ziel der Judenhasser gewesen sein.”

Bild: Die Synagoge der deutschen Stadt Halle. Quelle: Allexkoch/wikicommons

Aus aktuellem Anlass: Fokus Jerusalem-Interview mit Arye Salicar vom Oktober 2018 über Antisemitismus in Deutschland.


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