zurück zu Aktuelles

Helden ohne Umhang (1): Yuval Mendelovic – Retter der Gefährlichen

von Nadine Haim Gani

NAHARIYA, 16.04.2021 – Yuval wurde am 4. Mai 1978 als Jüngster der Familie Mendelovic in Nahariya geboren. Als Teenager brach er die Schule ab, arbeitete in Gelegenheitsjobs und träumte vom Armeedienst in einer Kampfeinheit. Im November 1996 erfüllte er sich seinen Traum und trat der Golani-Einheit bei. Nach seinem Militärdienst arbeitete er drei Jahre als Undercover-Agent bei der israelischen Polizei. Am Ende seiner erfolgreichen Polizeikarriere zog er mit seinem Pitbullrüden ‘Dio’ nach Tel Aviv. Er mietete eine Wohnung mit einer riesigen Dachterrasse von 100 Quadratmetern. Schon damals verstand Yuval, dass ihm diese Terrasse einmal von Nutzen sein wird.

Zu diesem Zeitpunkt wurde Israel von dem Tod der vierjährigen Avivit Ganon erschüttert. Avivit wurde von dem Amstaffrüden der Familie getötet. Erst im Nachhinein wurde klar, dass dem Tier Drogen verabreicht worden waren. Viele sogenannte Kampfhunde wurden aus Angst von Ihren Besitzern ausgesetzt, in Tierheimen abgegeben und eingeschläfert. Die Hunderasse wurde verteufelt.

Das erste Rehabilitationszentrum

Wenige Tage nach dem Tod der kleinen Avivit traf Yuval auf Vered Shapira, die sich für die Rettung von Kampfhunden einsetzte. Zwischen den beiden entstand eine Freundschaft und Vered bat Yuval, ihr bei der Pflege eines verletzen Hundes zu helfen. Yuval stimmte zu, ohne zu wissen, wie dies sein Leben grundlegend verändern würde. Am nächsten Tag brachte sie ihm die Hündin ‘Puma’ aus Jaffa. Puma war für Hundekämpfe missbraucht worden. Zwei Wochen später befanden sich bereits 40 Hunde auf der Dachterrasse seiner Wohnung. Yuval improvisierte Käfige aus Schrott und Baumaterialien, die er auf der Straße fand. So entstand das erste Rehabilitationszentrum für „Die Gefährlichen“.

Zu diesem Zeitpunkt begann Yuval Rettungsaktionen durchzuführen, wobei ihm seine Fähigkeiten als Undercover-Polizist zu nutzen kamen. Er baute ein Geheimdienstnetzwerk auf, um Hundekämpfe in Jaffa, arabischen Dörfern innerhalb Israels und in nördlichen Siedlungen aufzudecken.

In all den Jahren war Yuval mit seinen Hunden immer wieder dazu gezwungen, seinen Wohnort zu wechseln, bis er am Ende unter freiem Himmel auf Feldern und in verlassenen Waldhütten lebte und gegen die Behörden, die Natur, aber vor allem gegen Kriminelle kämpfte. Nach einer langen Odyssee fand Yuval Ackerland in Westgaliläa, wo er derzeit die größte Farm für die Rehabilitation der „Gefährlichen Rassen“ baut.

Hilfe für Rottweiler und Pitbulls

Die Ein-Mann-Organisation wurde von Yuval gegründet, um als gefährlich eingestufte Hunderassen zu retten und zu rehabilitieren. Er ist der Einzige in ganz Israel auf diesem Gebiet. Im Mittelpunkt seines Vereins steht die Rettung von Hunden, die für brutale Hundekämpfe missbraucht und in privaten Haushalten misshandelt wurden. Auch Tiere, welche sich in örtlichen Tierheimen und Quarantänen befinden und vor der Einschläferung stehen, finden bei Yuval ihre letzte Chance und einen neuen Lebensstart. Yuval rettet ohne Rücksicht auf sein eigenes Wohl auch verletzte und missbrauchte Hunde aus palästinensischen Siedlungen im sogenannten Westjordanland. In einem Interview mit „Aruz 13“ erklärte er, wie grausam die Tiere gehalten werden: „Ein Hund ist wie ein unschuldiges Kind, so wie er erzogen wird, wird er sich benehmen. Um seinem Herrchen zu gefallen, wird er alles tun. Diese Hunde werden misshandelt: ein Leben im Dunkeln, wenig Nahrung, viel Gewalt, Folter und Kämpfe. Das Tier hat Angst, er schützt sich und greift an – man hat ihn zum Killer erzogen.“

Sind die geretteten Hunde jedoch erst einmal in Sicherheit auf Yuvals Farm, erhalten sie einen neuen, meist biblischen Namen und werden mit viel Liebe und Hingabe rehabilitiert, mit der Hoffnung, am Ende passende Halter und Familien für sie zu finden. Hunde, die aufgrund ihres Vorlebens ihre Traumata nicht verarbeiten können, werden nicht zur Adoption freigegeben und bleiben auf Lebzeiten bei Yuval. Sie dürfen bei ihm würdevoll alt werden. 

Keine Hilfe vom Staat

Das Rettungs- und Rehabilitationsprojekt wird durch Aufklärungsarbeit in Schulen und sozialen Projekten, welche das Mitgefühl und die Toleranz gegenüber Tieren fördern soll, bekannt gemacht. Yuval wird selbst von der Polizei, der Armee und den israelischen Sicherheitskräften zu Hilfe gerufen, ohne für seine Arbeit staatlich unterstützt zu werden.

Im Gegensatz zu anderen Tierrettungs-Organisationen wird Yuval Mendelovics Projekt nicht von der Regierung unterstützt und finanziert. Yuval und „seine Kinder“, wie er sie liebevoll nennt, leben einzig und allein von Spenden. Baumaterialien, Lebensmittel, Hundefutter, ärztliche Versorgung, Medikamente und vieles mehr wird von Yuval selbst bezahlt.

Heute befinden sich mehr als 120 Hunde auf Yuvals Farm. Täglich kommen neue „Kinder“ in die Mendelovic-Familie dazu. Über die Jahre hinweg rettete er über 4500 Hunde. Hunderte davon konnten nach erfolgreicher Therapie und Rehabilitation an liebevolle Familien vermittelt werden.

Fotos: Yuval Mendelovic/ privat

Passend zum 73. Geburtstag Israels präsentieren wir Ihnen unsere neue Beitragsreihe „Helden ohne Umhang“. Wir möchten Ihnen ganz besondere Persönlichkeiten vorstellen, die durch ihre Aufopferung und Nächstenliebe herausstechen. Menschen, die das Leben anderer vor das eigene stellen: Superhelden, nur eben ohne Umhang!