Helden ohne Umhang (2): Hibuk Rishon, die erste Umarmung
von Nadine Haim Gani
RISHON LEZION, 23.04.2021 – Wenn die herzliche Mutterliebe fehlt, kommen sie zum Einsatz, die Freiwilligen von „Hibuk Rishon“. Sie schenken verstoßenen Säuglingen Liebe und Geborgenheit.
„Du hast mich gebildet im Mutterleibe. Ich danke Dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin, wunderbar sind deine Werke. Deine Augen sahen mich, als ich noch nicht bereitet war, und alle Tage, die noch werden sollten, waren in dein Buch geschrieben.“ Psalm 139
Die Kinder, die niemand will
Jedes Jahr werden Hunderte von Babys von ihren Eltern auf Neugeborenen- und Frühchenstationen in israelischen Krankenhäusern zurückgelassen. Viele dieser verstoßenen Säuglinge sind schlichtweg nicht erwünscht oder leiden unter Missbildungen, Behinderungen oder komplexen medizinischen Problemen. Sie sind daher meist zu einem längeren Krankenhausaufenthalt ohne eine liebevolle Hand und elterliche Fürsorge verurteilt. Wie alle Babys brauchen diese kleinen Menschen viel Liebkosung, Berührung und Geborgenheit. Liebe ist das Grundbedürfnis eines Säuglings in den ersten Lebensmonaten und lebensnotwendig zur Entwicklung. Das feinfühlige medizinische Personal kümmert sich zwar um die körperliche Versorgung der Wiegenkinder, kann jedoch aufgrund der hohen Arbeitsbelastung nicht auf alle emotionalen Bedürfnisse der Babys eingehen.
Eine Umarmung für jedes einsame Baby
Hier kommt „Hibuk Rishon“ mit einem göttlichen Liebesdienst ins Spiel. Die Organisation wurde 2004 von Michal Kuriat gegründet. Michal, die selbst von ihren leiblichen Eltern verstoßen wurde, stieß auf einen Artikel, der über das traurige Schicksal verlassener Neugeborener berichtete: Die ersten Stunden bis Monate seines Lebens, einsam in einem Plastikbettchen unter dem grellen Licht der Neonlampen statt in den Armen seiner liebenden Familie. Michal konnte diese Kinder nicht sich selbst überlassen. Sie studierte die Problematik tief greifend und stellte fest, dass sie alle benötigten Ressourcen zur Hand hat, um sich sofort dieser kleinen Menschen anzunehmen. Michal war sich sicher, dass sie mit der Gründung eines gut organisierten Vereins in der Lage sein werde, ihre Vision zu verwirklichen: jedem verlassenen und einsamen Baby in Israel eine liebevolle Umarmung zu schenken und so das schwarze Loch und die Leere dieser kleinen Kinderseele mit Geborgenheit zu füllen!
Freiwillige lieben ihre Schützlinge
Der Verein umfasst heute über 500 Freiwillige, die sich in 29 Krankenhäusern in Israel selbstlos um verstoßene Babys kümmern. Die Betreuung eines Kindes erfolgt durch eine kleine Gruppe von Ersatzmamas und Papas, die es während des gesamten Krankenhausaufenthalts begleiten. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass der Säugling nicht zu viele verschiedene Bezugspersonen in seinem Umfeld hat und wie in einer Familie eine Bindung aufbauen kann. Die Freiwilligen besuchen ihren Schützling täglich für mehrere Stunden und füllen liebevoll die Lücke, die durch die Abwesenheit der Mutter entstanden ist.
Sie schenken den kleinen Menschen Berührung, Wärme, Liebkosung und Liebe, singen, spielen und lesen Geschichten vor. Darüber hinaus wird für das Kleine durch buntes Spielzeug, Kinderbücher und kuschelige Stofftiere eine häusliche Umgebung innerhalb des sterilen Krankenhausambientes geschaffen. Das kleine Engelslächeln, das von vielen als Reflex bei Neugeborenen ausgelegt wird, entwickelt sich bald zu einem glücklichen Freudestrahlen, wenn ihre Ersatzmama oder ihr Ersatzpapa auf der Station erscheint. Wenn auch der Start ins Leben für die kleinen Geschöpfe traurig begann, kann dank der Nächstenliebe der Ehrenamtlichen das Leben der Wiegenkinder mit Freude und Glückseligkeit erfüllt werden.
Schulung durch Sozialarbeiterinnen
Alle Helferinnen und Helfer der Organisation werden von Sozialarbeiterinnen des Vereins geschult. Sie bilden die Brücke zwischen dem Krankenhauspersonal und den Freiwilligen von „Hibuk Rishon“. Durch Beratung, Anleitung, kreatives Denken und emotionale Unterstützung werden so alle Ressourcen genutzt, um den Babys in den Krankenhäusern maximale körperliche und seelische Unterstützung schenken zu können.
Nach dem Krankenhausaufenthalt, der einige Wochen bis hin zu vielen Monaten andauern kann, wird das Baby an eine Adoptiv- oder Pflegefamilie vermittelt oder – je nach seinem Gesundheitszustand – an eine Rehaeinrichtung. Dann heißt es für die Ersatzeltern Abschied zu nehmen. Dieser emotionale Moment ist für viele sehr schwer. Aber das Wissen, den Schwächsten göttliche Vater- und Mutterliebe mit auf ihren Weg gegeben zu haben, erfüllt die gebrochenen Herzen der Helferinnen und Helfer für immer.
„Winzig die Finger; winzig die Zehen; winzig das kleine Wesen. Aber vollkommen und schön. Dich auf deinem Weg in diese Welt zu beobachten – war die größte, die bewegendste Freude, die ich je erlebt habe. Kein Glück ist größer. Und immer – solange ich lebe – werde ich deinen ersten Schrei im Herzen bewahren, wohin ich auch gehe.“ Paula D’Arcy
Sie sind unsere Helden!
Die Organisation lebt einzig und alleine von Spendengeldern und erhält in Israel keine staatliche Unterstützung. Für weitere Informationen zu diesem Thema:
http://tinokot.org.il/en/ (englisch)
Bild: Ein Neugeborenes im Shaare-Zedek-Krankenhaus in Jerusalem. Foto: Hadas Parush/Flash90