Internationaler Strafgerichtshof: Es ist ein Kriegsverbrechen, Hilfsgüter für Gaza zurückzuhalten
JERUSALEM, 31.10.2023 (NH) – Der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag, Karim Ahmad Khan, hat jetzt bekanntgegeben, der Gerichtshof werde „aktive Untersuchungen des angeblichen Hamas-Massakers“ am 7. Oktober durchführen. Sollten die Verbrechen der palästinensischen Terrororganisation „bewiesen werden“, stellen sie schwere Verletzungen des humanitären Völkerrechts dar. Ohne „glaubwürdige und zulässige Beweise“ könne der Staatsanwalt vor Gericht jedoch nicht handeln. Des Weiteren solle jedoch auch die Situation im Gazastreifen sowie im sogenannten Westjordanland geprüft werden. Khan zeigte sich besonders besorgt über die „ansteigende Siedlergewalt gegenüber palästinensischer Zivilisten“ in Judäa und Samaria. Die Untersuchungen seien die Fortsetzung bereits genehmigter Analysen aus dem Jahr 2021. Demnach müsse der Gerichtshof auch „die israelische Siedlungspolitik und die militärische Reaktion auf die Proteste an der Grenze zum Gazastreifen“ durchleuchten.
Israel muss Grundnahrungsmittel und Medikamente passieren lassen
Bei dem jüngsten Besuch des britischen IStGH-Anklägers am Grenzübergang Rafah zwischen Ägypten und Gaza warnte er, der Aufschub humanitärer Hilfslieferungen stelle ein klares Kriegsverbrechen dar. Khan forderte von Israels Regierung „erkennbare Anstrengungen zu unternehmen“ und noch mehr Güter in den Gazastreifen zu entsenden. Israelische Militärsprecher erklärten daraufhin, dass bis dato Hunderte Tonnen humanitärer Hilfsgüter in die Enklave geliefert wurden. Ein gemeinsamer Mechanismus, der von Israel, den USA, Ägypten und den Vereinten Nationen verwaltet wird, koordiniere die Zufuhr. Der Den Haag-Jurist zeigte sich dennoch wenig beeindruckt: „Die Behinderung von Hilfsgütern, wie sie in den Genfer Konventionen vorgesehen sind, kann ein Verbrechen darstellen, das in die Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs fällt“, erklärte Khan. „Ich habe Lastwagen voller humanitärer Hilfsgüter gesehen, die in Ägypten, in Rafah festsaßen, wo sie niemand braucht.“. Khan unterstrich, dass Israel dazu verpflichtet ist, den palästinensischen Zivilisten in den von der Hamas kontrollierten Gebieten Grundnahrungsmittel und Medikamente zu übertragen.
Kriegsgesetze dürfen nicht missachtet werden
Armeeoberst Elad Goren, Koordinator für Regierungsaktivitäten in den besagten Gebieten, versprach, Israel versuche, den Schaden an der palästinensischen Zivilbevölkerung zu gering wie möglich zu halten: „Wir versuchen, in Übereinstimmung mit dem internationalen Kriegsrecht zu handeln, aber Krieg hat Konsequenzen“, so Goren. „Die Hamas hat einen Krieg gegen den Staat Israel begonnen, und ihre Terror-Regierung schadet allen, die versuchen, sich nicht am Terrorismus zu beteiligen.“ Während das israelische Militär seine Bodenoffensive, begleitet von massiven Luftangriffen, gegen die Hamas in Gaza ausweitet, warnt der Chefankläger, Israel müsse sich an Kriegsgesetze halten: „Man kann nicht akzeptieren, dass unschuldige Menschen in einem Kriegsgebiet festsitzen. Gesetze regeln die Kriegsführung“, so der Staatsanwalt. Trotz der Versprechen, das Hamas-Massaker zu untersuchen, scheinen die jüngsten Ausschreitungen zwischen Palästinensern und jüdischen Siedlern im sogenannten Westjordanland den Internationalen Strafgerichtshof deutlich mehr zu beschäftigen. So erklärte Karim Ahmad Khan, dass auch die „aktuellen Ereignisse im Gazastreifen und im Westjordanland“ dringend untersucht werden müssen.
Israel, das nicht Mitglied des Gerichtshofs in Den Haag ist, hat zuvor die Zuständigkeit des Gerichtshofs abgelehnt und sich geweigert, mit dem IStGH zusammenzuarbeiten.
Titelbild: Humanitäre Hilfsgüter werden verpackt und an Krankenhäuser im Gazastreifen verteilt. Foto: Majdi Fathi/TPS