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Deutsche Presseagentur bedauert antisemitische Passagen in Trump-Bericht

JERUSALEM / HAMBURG, 14.02.2017 (TM) – Die deutsche Presseagentur (dpa) hat sich für einen Artikel entschuldigt, den sie heute zum Besuch des israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu bei US-Präsident Trump veröffentlicht hat. Darin wurde der Eindruck erweckt, Trump habe seine Wahl einflussreichen Juden zu verdanken, die hinter den Kulissen die Strippen ziehen. In Israel gab es scharfe Kritik an dem Beitrag, für den die dpa-Büros in Tel Aviv und Washington gemeinsam verantwortlich sind. Die Nachrichtenagentur entschuldigte sich und erklärte, einige Formulierungen hätten nicht den dpa-Standards entsprochen. Die dpa mit Sitz in Hamburg ist die wichtigste Informationsquelle für die deutschen Zeitungen, Radios und TV-Stationen.

Juden – reich und einflussreich“

In dem Artikel heißt es, Trump sei „von einflussreichen jüdischen Parteispendern mit auf den Thron gehoben“ worden. Der neue US-Botschafter David Friedman wird als „Sohn eines Rabbis“ vorgestellt, „poltisch unbeschlagen“, aber ein „Hardliner“. Trumps Schwiegersohn Jared Koshner wird von dpa als „Spross einer strenggläubigen jüdischen Familie“ charakterisiert. Der jüdische Milliardär Sheldon Adelson ist bei dpa ein „schwerreicher Kasinounternehmer“.

Die Tageszeitung Jerusalem Post zitiert in ihrer Online-Ausgabe Daniel Killy, Sprecher der jüdischen Gemeinde Hamburg: „Das ist keine Erklärung der neofaschistischen NPD. Das ist die Deutsche Presseagentur, die „jüdische Lobby“ und andere antisemitische Klischees verbreitet – einfach unglaublich!“

Beck: Antijüdische Fantasien

Der Bundestagsabgeordnete Volker Beck (Grüne), Vorsitzender der deutsch-israelischen Parlamentariergruppe, erklärte gegenüber der Jerusalem Post: „Der Artikel zeigt die Fantasien, dass jüdisches Geld die Welt kontrolliert… Man sieht, dass antisemitische Ideen einen Teil der Kultur darstellen. Das zeigt, wie wichtig Erziehung bleibt, die über antisemtische Klischees und Vorurteile aufklärt.“

Auch Ulrich Sahm, früherer n-tv-Korrespondent in Jerusalem und einer der bekanntesten deutschsprachigen Nahost-Kommentatoren, hält den dpa-Artikel für völlig verfehlt: „Man sollte ihn zu den ‚Protokollen der Weisen von Zion‘ zählen.“ Diese Protokolle, eine antisemitische Fälschung, berichten von einer internationalen jüdischen Verschwörung.

Die Deutsche Presseagentur hat nach der Kritik eine geänderte Version des Artikels verbreitet, der zwar auf die schlimmsten anti-jüdischen Vorurteile verzichtet, aber immer noch sehr israelkritisch ist.

Offener Antisemitismus in Deutschland

Antisemitische Veröffentlichungen in Deutschland sorgen in Israel immer wieder für Verstimmung. Erst vor wenigen Tagen musste das Bundesland Thüringen ein Schulbuch zurückziehen, das eine antisemitische Karrikatur enthielt. Für Entsetzen und Verärgerung sorgte auch der stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende Ralf Stegner, der für einen Stopp aller Waffenlieferungen an Israel eintritt. Laut Jerusalem Post twitterte Stegner Anfang Februar zu einem Foto, das die israelische Facebook-Managerin Sheryl Sandberg neben US-Präsident Trump zeigt: „Ich dachte, Frau Zschäpe ist im Gefängnis.“ Die Gleichsetzung der Israelin mit der mutmaßlichen Neonazi-Täterin Beate Zschäpe rief das Simon-Wiesenthal-Zentrum in Jerusalem auf den Plan, das Stegner Antisemitismus vorwarf. Der SPD-Vize zog daraufhin seinen Tweet zurück.

Bild: Trump und Netanjahu bei ihrem ersten Treffen am 25. September 2016 in New York. Foto: Kobi Gideon /GPO / Flash 90

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