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50 Jahre nach dem Sechstagekrieg: Von Euphorie zur Depression

von Johannes Gerloff

Vor 50 Jahren, nach dem Sechstagekrieg,  herrschte in Israel Euphorie. Nur wenige Tage zuvor hätte das niemand für möglich gehalten. Die Altstadt von Jerusalem, der Tempelberg mit seiner Westmauer, der heiligste Ort des Judentums „in jüdischer Hand“. In einem Kurzkrieg hatte der kleine Staat Israel die Armeen Syriens, Jordaniens und Ägyptens geschlagen, die Golanhöhen, das Westjordanland und die Sinaihalbinsel erobert.

Die Israelis waren erleichtert. Die Drohungen der Araber, die „Juden ins Meer“ zu treiben und „das zionistische Gebilde“ zu vernichten, hatten sich als heiße Luft erwiesen. Die Weltöffentlichkeit anerkannte die Vertreibung der UNO-Beobachter aus dem Sinai und die Schließung der Straße von Tiran durch den ägyptischen Präsidenten Gamal Abdel Nasser als Kriegsgrund, bewunderte das junge Israel. Es machte sich die Hoffnung breit, durch die Abgabe von Land Frieden erlangen zu können.

Nein zu „Land für Frieden“

Doch schon Ende August 1967 begegnete die Arabische Liga der Formel „Land für Frieden“ mit „drei kategorischen Nein“: Nein zur Anerkennung des jüdischen Staates; Nein zu Friedensverhandlungen; und Nein zu einem Friedensvertrag mit Israel.

Ein Jahrzehnt später flammte Hoffnung auf, als Ägyptens Präsident Anwar el-Sadat mutig nach Jerusalem kam. Doch der Friedensschluss von Camp David wurde bald zum kalten Frieden, nachdem Sadat den Schüssen islamischer Extremisten zum Opfer gefallen war.

„Land für Frieden“ hat sich im Rückblick auf das zurückliegende halbe Jahrhundert als Fata Morgana erwiesen. Die Gleichung hat nie funktioniert. Aus allen Gebieten, aus denen sich Israel zurückgezogen hat – aus dem Sinai, aus dem Gazastreifen, aus dem Südlibanon – wird der jüdische Staat heute mit einem Raketenarsenal bedroht, das größer ist, als das der Nato, die USA ausgenommen. Mit Schrecken malen sich Israelis aus, was gewesen wäre, hätte man „Land für Frieden“ mit Syrien praktiziert. Dann stünde die Al-Qaida heute am See Genezareth.

Zum Zusammenleben verurteilt

Der Traum vom „vollständigen Land Israel“, in das das jüdische Volk zurückkehren kann, und einem Frieden mit den arabischen Nachbarn, hat sich in einen Besatzungsalbtraum verwandelt. Er hat sich nur zu real als politische Zwickmühle erwiesen, als Beziehungslabyrinth für zwei Völker, die einander so gerne los wären, und doch zum Zusammenleben verurteilt sind. Israelis und Palästinenser müssen ihre „Ehe“ managen, weil bislang kein weiser Scheidungsrichter mit einem realisierbaren Trennungsvorschlag aufgetreten ist.

Der Theologe und Journalist Johannes Gerloff lebt mit seiner Familie in der israelischen Hauptstadt. Er ist geistlicher Leiter der Sendung „Fokus Jerusalem“.

Bild: Die Führung der israelischen Armee (Mitte Verteidigungsminister Moshe Dayan) im Sechstagekrieg in der Altstadt von Jerusalem am 7. Juni 1967. Foto: Ilan Bruner, GPO

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