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Inschrift auf „leerer“ Scherbe entdeckt

JERUSALEM, 19.06.2017 (DL) – 50 Jahre lang wurden im Jerusalemer Israel-Museum Scherben ausgestellt, die Archäologen in einem einzigen Raum in einer 2500 Jahre alten Festung in Arad im Süden des Landes gefunden hatten. Mit Hilfe einer fortschrittlichen Imaging-Technologie haben Forscher der Tel Aviv Universität (TAU) eine bisher unsichtbare Inschrift auf der Rückseite einer der Töpferscherben entdeckt. Die Scherbe stammt vom Vorabend der Zerstörung des Königreichs Judäa und Nebukadnezar etwa 600 v. Chr.

Die Inschrift öffnet mit einem Segen von Jahwe und diskutiert dann Geldtransfers. „Während die Vorderseite der Scherbe gründlich studiert wurde, wurde die Rückseite als leer angesehen“, erklärt Arie Shaus von der TAU-Abteilung für Angewandte Mathematik. Michael Codonsky von der TAU-Schule für Physik: „Mit der multispektralen Bildgebung wurden mehrere Markierungen auf der Rückseite des Ostrakons sichtbar gemacht. Zu unserer Überraschung wurden drei neue Textzeilen sichtbar.“

Die Forscher konnten 50 Buchstaben und 17 Wörter auf der Rückseite des Ostrakons entziffern. „Der Inhalt der Rückseite ist eine Fortsetzung des Textes der Vorderseite“, so Forscherin Shira Faigenbaum-Golovin. So konnte auch die Schrift der Vorderseite deutlich verbessert und um vier ’neue‘ Zeilen ergänzt werden.

Eine Bitte um mehr Wein

Tel Arad war ein militärischer Vorposten, eine Festung an der südlichen Grenze des Königreichs Judäa. 20 bis 30 Soldaten befanden sich in dem Vorposten. „Die meisten Ostraca aus Arad können auf die kurze Zeitspanne datiert werden, von der Errichtung des Militärpostens und bis zu seiner Zerstörung im Jahre 586 v. Chr. Viele Inschriften sind an Elyashiv gerichtet, den Quartiermeister der Festung. Der beschäftigte sich mit der Logistik und sorgte für die Versorgung mit Mehl, Wein und Öl zu untergeordneten Einheiten.“

Ostrakon Nr. 16 zum Beispiel war ein hebräischer Brief von Hananyahu an Elyashiv, der möglicherweise in Beer Schewa saß. Es ging um die Lieferung von Silber. Doch die frisch entzifferten Zeilen bewiesen, dass neben Silber auch eine Sendung Wein gefordert wurde. Die Forscher lernen zusätzlich etwas über die Sprache, Grammatik und Schreibweise vor rund 2500 Jahren. „Die neu aufgedeckte Inschrift kennzeichnet einen administrativen Text, wie die meisten Arad-Inschriften“, so Dr. Mendel-Geberovich. „Seine Bedeutung liegt in der Tatsache, dass jede neue Zeile, jedes Wort und sogar ein einziges Zeichen eine kostbare Ergänzung zu dem ist, was wir über die Zeit des Ersten Tempels wissen.“

„In größerem Maßstab betont unsere Entdeckung die Bedeutung der multispektralen Bildgebung zur Dokumentation von Ostraca“, betont Faigenbaum-Golovin. Es sei bedauerlich zu denken, wie viele Inschriften, die mit bloßem Auge unsichtbar sind, während der Ausgrabungen entsorgt worden sind. Dank der neuen Technologie sei zu erwarten, dass noch weitere fast 3000 Jahre alte Inschriften auf Scherben sichtbar gemacht werden könnten. So sei noch mit weiteren Überraschungen zu rechnen. In den meisten Labors in der Welt für MS-Photographie kostet jede Spezialkamera etwa 100.000 US-Dollar. Die israelischen Forscher bauten ein komplettes Labor mit allen notwendigen Geräten für nur 5.000 US-Dollar. Die Forscher hoffen, dass diese Methode nun auch bei anderen archäologischen Ausgrabungen eingesetzt werden.

 

Foto: Universität Tel Aviv

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