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Angebot der Hamas an Abbas: Die Flucht nach vorne

GAZA, 18.09.2017 (FJ) – Die radikal-islamische Hamas hat überraschend angekündigt, sie sei bereit, die Kontrolle des Gazastreifens an die Abbas‘ Regierung zu übergeben. In einer Mitteilung teilte die Terrororganisation am Sonntag mit, man wolle Gespräche mit der rivalisierenden Fatah-Partei von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas führen. Es gleicht einer Flucht nach vorne.

Die Hamas erklärte, sie würde die grundsätzlichen Bedingungen der Fatah für eine Konfliktlösung akzeptieren. Sie stimme der Auflösung des Verwaltungskomitees im Gazastreifen und den geforderten Wahlen in den Palästinensergebieten zu. Die Gruppe lud die Regierung von Abbas ein, nach Gaza zurückzukehren, „um ihren Verpflichtungen nachzukommen“. Eine Einheitsregierung würde einen 10-jährigen Konflikt beenden, der die Palästinenser in zwei Regierungen gespalten hat.

Historische Gelegenheit für eine Wiedervereinigung“

Bisher waren alle Aussöhnungsversuche gescheitert. Was die Hamas in der jüngsten Erklärung ausließ, war die Frage, ob sie auch ihre Sicherheitskräfte – die Kassam-Brigaden – unter die Kontrolle von Abbas stellen würde. Dieses Thema war bislang immer ein schwieriger Punkt gewesen. Die Fatah reagierte auf die überraschende Einlenkung der Hamas zurückhaltend, sprach aber von einem „Schritt in die richtige Richtung“ und einer „historischen Gelegenheit für eine Wiedervereinigung“. Man könne aber nicht absehen, ob das Angebot ernsthaft und weitreichend sei.

Im Jahr 2007 hatte die Hamas nach einem blutigen Bürgerkrieg die Kontrolle im Gazastreifen übernommen. Die Terrororganisation ist aufgrund von drei Kriegen mit Israel und der ägyptischen und israelischen Blockade stark geschwächt. Zusätzlich hat Palästinenserpräsident Abbas in den vergangenen Monaten den Druck auf die Hamas enorm erhöht. Die Palästinensische Autonomiebehörde kürzte die Gehälter für ihre im Gazastreifen tätigen Angestellten und das Geld für die Stromlieferungen aus Israel. Der Großteil der Bevölkerung lebt unter katastrophalen Bedingungen, an manchen Tagen gibt es nur drei Stunden lang Strom.

Stromkrise, Armut und Arbeitslosigkeit

Israel hat mehr Interesse daran, mit der Autonomiebehörde zusammenzuarbeiten als mit der verfeindeten Hamas, die sich der Vernichtung des jüdischen Staates verschrieben hat. Allerdings liegen derzeit auch die Verhandlungen mit Abbas auf Eis. Am Mittwoch ist ein Treffen zwischen Abbas und Donald Trump in New York geplant. Abbas hofft, vom US-Präsidenten endlich ein Bekenntnis zu einer Zwei-Staaten-Lösung zu erhalten. Die USA stuft die Hamas allerdings als Terrororganisation ein und könnte einer Versöhnung kritisch gegenüberstehen.

Die Hamas spielt den Ball quasi der Palästinensischen Autonomiebehörde zu – ein cleverer Zug. Abbas stünde folglich vor einer großen Aufgabe, sollte er die Verantwortung übernehmen und die Islamisten wirklich die komplette Macht abgeben. Wiederaufbau, Stromkrise, Armut und Arbeitslosigkeit – eine gebeutelte Region, die die verantwortliche Regierung enorm herausfordern wird.

 

Foto: Flash90/Yonatan Sindel & Abed Rahim Khatib

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