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Netanjahu vor USA-Reise schwer unter Druck

von Tommy Mueller

JERUSALEM, 04.03.2018 (TM) – Es sind schwierige Tage für Israels Premierminister Benjamin Netanjahu. Am Freitag wurden der 68-Jährige und seine Frau Sara mehrere Stunden lang von Ermittlern der Polizei zu den jüngsten Korruptionsvorwürfen befragt. Demonstranten forderten vor seinem Amtssitz lautstark seinen Rücktritt. Zuvor hatten Anhänger seiner Likud-Partei auf dem Zionsplatz in Jerusalem für ihn demonstriert.

Treffen mit Trump und Israelfreunden

Nun hat der israelische Regierungschef das alles erst einmal hinter sich gelassen. Er ist zu einer einwöchigen Reise in die USA aufgebrochen. Dort wird er sich mit Präsident Donald Trump treffen und vor der einflussreichen pro-israelischen Lobbyorganisation AIPAC (American Israel Public Affairs Commitee) eine Rede halten. Dazu werden 18.000 Zuhörer erwartet.

Befragung zum „Fall 4000“

Bei der Polizei-Befragung am Freitag ging es um den sogenannten „Fall 4000“. Die Anschuldigung: Als Netanjahu Kommunikationsminister war, habe er dem Hauptaktionär der Firma Bezeq, Shaul Elovitch, Vorteile im Wert von rund einer Milliarde Schekel zukommen lassen. Im Gegenzug habe dieser dafür gesorgt, dass seine einflussreiche Webseite Walla positiv über Netanjahu berichtet. Elovitch und ein Netanjahu-Berater sitzen wegen der Affäre in Untersuchungshaft.

Der Ministerpräsident hat die Vorwürfe energisch zurückgewiesen. Das tat er bereits in den Fällen 1000 und 2000, bei denen ihm vorgeworfen wird, teure Geschenke angenommen zu haben und mit einem Zeitungsverleger rechtswidrige Absprachen getroffen zu haben. Netanjahu erklärte, die Vorwürfe seien politisch motiviert. Die Opposition habe es darauf abgesehen, ihn so aus dem Amt zu drängen, weil sie es auf keinem anderen Weg schaffe. Während Oppositionsredner bereits von raschen Neuwahlen Mitte Juni sprechen, gibt sich Netanjahu betont gelassen. Er hat in seiner Zeit als Regierungschef (1996 bis 1999 und seit 2009) zahlreiche ähnliche Krisen unbeschadet überstanden.

Drohungen der Ultraorthodoxen

Ärger hat der israelische Regierungschef aktuell mit seinen ultraorthodoxen Koalitionspartnern. Der Chef der Vereinigten Thora-Judaismus-Partei, Yaakov Litzman, kämpft für die Befreiung von religiösen Studenten vom Militärdienst. Litzman ist stellvertretender Gesundheitsminister. In einer Rede am Sonntag unterstrich er, seine Partei sei in dieser Frage nicht kompromissbereit. Sollte es keine Einigung geben, würden die Ultraorthodoxen dem Staatshaushalt nicht zustimmen, die Regierung zu Fall bringen und Neuwahlen erzwingen. Litzmans Gegenspieler ist Verteidigungsminister Avigdor Lieberman, der sich entschieden gegen die Ausnahmeregelung aussprach. Netanjahu versuchte vor seinem Abflug in die USA, die Wogen zu glätten. Es gebe keinen Anlass für Neuwahlen, unterstrich er, mit etwas gutem Willen auf beiden Seiten ließen sich diese vermeiden.

In den USA will Netanjahu Donald Trump für dessen Entscheidung danken, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen und die Botschaft dorthin zu verlegen. Ausführlich wird er sich aber jenem Thema widmen, das seit Monaten in keiner seiner Reden fehlt: die Bedrohung der Region und der ganzen Welt durch das Mullah-Regime in Teheran.

Bild: Demonstranten fordern vor Netanjahus Amtssitz in Jerusalem seinen Rücktritt. Foto: Yonatan Sindel / Flash90

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