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Ultraorthodoxe Männer bremsen Flugverkehr

von Deborah Karrer

JERUSALEM, 04.07.2018 – Ein Flug der Austrian Airlines von Tel Aviv nach Wien hat sich um 40 Minuten verspätet, weil 26 ultraorthodoxe Männer sich weigerten, die ihnen zugewiesenen Sitzplätze neben Frauen einzunehmen. Berichten zufolge kam es zu einem Aufruhr im Flugzeug, als die Flugbegleiter vergeblich versuchten, die Frauen zum Platztausch zu bewegen. Erst nachdem der Flugkapitän selbst Überzeugungsarbeit geleistet hatte, kamen die Frauen der Aufforderung nach. Die Passagierin Marcela Grinfeld Sapir, welche infolge der Ereignisse ihren Anschlussflug verpasste, äußerte in einer detaillierten Beschreibung ihres Flugerlebnisses verärgert, dass die jüdische Gruppierung sich manipulativ verhalte und die Pläne der Mitreisenden vorsätzlich durchkreuze.

Vorfall kommt El Al teuer zu stehen

Unter ähnlichen Umständen hatte sich bereits in der vorhergehenden Woche ein El Al-Flug nach New York um 75 Minuten verspätet. Dies könnte die israelische Fluglinie noch teuer zu stehen kommen. Laut der israelischen Frauenrechtlerin Anat Hoffman (64) kann jede Frau in Israel, die aufgefordert wird, ihren Sitzplatz zu wechseln, in Zukunft über 15.000 Euro Schadenersatz einklagen. El Al hatte bereits im Jahr 2017 aus denselben Gründen der Holocaust-Überlebenden Renee Rabinowitz (83) eine Summe von 1.500 Euro Bußgeld ausgezahlt. Der israelische Oberste Gerichtshof entschied auf ihre Klage hin, dass die Aufforderung an Frauen, ihren Sitzplatz zu wechseln, ein Akt der Diskriminierung sei.

Aufgrund des rechtlichen und öffentlichen Drucks gab der Geschäftsführer von El Al, Gonen Usishkin (51), am Montag in einer öffentlichen Meldung bekannt, dass künftig „jeder Passagier, der sich weigert, neben einem anderen Passagier Platz zu nehmen” umgehend aus dem Flugzeug verwiesen werde.

Kein Religionskonflikt, sondern kulturelle Hürde

In den vergangenen Jahren kam es wegen vergleichbarer Vorfälle gehäuft zu kurzfristigen Störungen des Flugverkehrs. Die Forderung von Ultraorthodoxen, nicht neben Personen des jeweils anderen Geschlechts zu sitzen, liegt in der strikten Trennung von Männern und Frauen im konservativ-religiösen Alltag begründet. Interessanterweise ist es nach dem jüdischen Gesetz jedoch nicht ausdrücklich verboten, in der Öffentlichkeit neben einer Frau oder einem Mann Platz zu nehmen, wie eine Meldung des amerikanischen Rabbinerrats bestätigte. Es scheint sich damit nicht um einen Religionskonflikt, sondern eher eine kulturelle Hürde zu handeln.

Bild: Ultraorthodoxe männliche Flugpassagiere wollen gerne unter sich bleiben und wehren sich häufig gegen Frauen als Sitznachbarn. Foto: Yaakov Naumi / Flash90

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