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Verwirrung nach Abschuss von russischem Flugzeug

von Ulrich W. Sahm

JERUSALEM, 20.09.2018 – Der Abschuss einer russischen Illjuschin vor der Küste von Syrien bei Latakije hat viel Verwirrung ausgelöst. 15 russische Besatzungsmitglieder seien dabei ums Leben gekommen. Gemäß russischen Quellen sind es mal 14 oder auch 16 Tote. Unterschiedlichen Quellen gaben an, dass es sich nicht um eine Transportmaschine, sondern um ein militärisches Aufklärungsflugzeug gehandelt habe, das über dem Mittelmeer kurz vor der Landung auf dem Militärflughafen von Latakije stand.
Seit dem Abschuss der Maschine am vergangenen Montag haben sich alle Beteiligten in widersprüchliche Vorwürfe verwickelt und sich gegenseitig die Verantwortung zugeschoben. So hat der russische Präsident Putin zunächst die Israelis für den Tod der Russen verantwortlich gemacht, diese Aussage dann aber wieder zurückgezogen.
Israelische Delegation in Moskau
Die Israelis schickten eine Delegation mit dem Luftwaffenchef nach Moskau, um den Russen neueste Erkenntnis zu dem Vorfall zu übergeben. Syriens Präsident Baschar el-Assad schickte ein Beileidstelegramm an Putin und bezichtigte die Israelis. Was da wirklich passiert ist, bleibt unklar.
Entsprechend der bestehenden Absprachen zwischen Israel und Russland, habe ein russisch sprechender israelischer Soldat über ein rotes Telefon die Russen in Syrien vor militärischen Flugaktivitäten der Israelis gewarnt. Die Meldungen gehen auseinander, ob die Warnung nur eine Minute vor dem Abschuss ausgesprochen worden sei, zu spät, um der Illjuschin die Chance zu geben, aus dem Kriegsgebiet zu verschwinden, oder schon früher.
Dann hieß es, dass israelische F-16 Kampfjets (oder F-15) die russische Maschine als „Schutzschild“ benutzt hätten. Weil die Syrer einen israelischen Angriff auf den Flughafen von Latakije befürchteten, hätten sie mit ihren russischen S-200 Luftabwehr-Batterien geschossen. Ein israelischer Reporter formulierte: von den Russen (an Syrien) gelieferte Abwehrsysteme hätten russische Raketen abgeschossen und so das russische Flugzeug zum Absturz gebracht.
Welche Rolle spielte französische Kriegsschiff?
Eine unklare Rolle spielte auch eine französische Fregatte im östlichen Mittelmeer. Sie habe bei einem Angriff auf den Militärflughafen von Latakije die israelischen Kampfjets mit Raketenfeuer unterstützt. Das meldete „Sputniknews“ in seinen ersten Meldungen zu dem Vorfall. Inzwischen ist das französische Kriegsschiff aus den Nachrichten verschwunden.
Der libanesische Hisbollahchef Hassan Nasrallah behauptete, dass der Abschuss der russischen Maschine das Resultat „biblischer Arroganz“ der Israelis gewesen sei. Sie hätten angeblich eine Lieferung zielgenauer iranischer Raketen an die Hisbollah zerstören wollen. Nasrallah dementierte israelische Behauptungen, wonach Iran über Syrien die Hisbollah beliefere: „Das sind alles Lügen.“ In einem Kondolenzbrief an den russischen Präsidenten Putin behauptete der syrische Präsident, dass die russische Maschine „versehentlich“ von der syrischen Luftabwehr getroffen worden sei. Doch Israel sei daran schuld gewesen, weil es Syrien mit Drohnen und Kampfbombern angegriffen habe.
In jedem Fall hat der Abschuss der Illjuschin zu neuen Spannungen vor allem zwischen Moskau und Jerusalem geführt. Die Israelis fürchten, dass die bisher angeblich gut funktionierende Kooperation zwischen den Militärs Schaden nehmen könne. Bekanntlich greifen auch die Israelis in das Geschehen in Syrien ein, vor allem um Waffenlieferungen von Iran an die Hisbollah im Libanon zu verhindern. Ebenso stören sich die Israelis an iranischer Militärpräsenz nahe ihrer Grenze. Damit es zu keinen Zusammenstößen mit den Russen komme, haben beide Länder „rote Telefone“ und andere direkte Kommunikationswege eingerichtet.
Alle Parteien, Russen, Israelis und Syrer, reden inzwischen von einem „bedauerlichen Zwischenfall“.

Foto: Jets der israelischen Luftwaffe. Symbolbild. Quelle: Sprecher des israelischen Verteidigungsministeriums.

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