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Erdbeben und Blutmond: Zeichen der Endzeit?

von Deborah Karrer, Jerusalem

JERUSALEM, 03.10.2018 – Die Erdbeben und der diesjährige Blutmond in Israel haben in den sozialen Medien zu heftigen Spekulationen geführt. Doch nicht nur im Internet, sondern auch unter Rabbinern entfachen die Ereignisse endzeitliche Diskussionen. Während vor allem solche, die sich intensiv mit der Kabbala (einem Buch über jüdische Geheimlehre und Mystik) befassen, ihre Anhänger vor dem bevorstehenden Beginn einer Apokalypse warnen, stehen viele jüdische Strömungen diesen Annahmen skeptisch gegenüber. Rabbiner gemäßigter Strömungen äußern kritisch, dass Endzeitprognosen Teil des Christentums seien, jedoch keine große Rolle im Judentum spielen sollten.

Es lässt sich dennoch nicht leugnen, dass sich auch die jüdische Welt seit Jahrhunderten von diesem Thema faszinieren lässt. Für Kabbalisten sind heute in dem Sturm wilder Spekulationen in erster Linie zwei vermeintliche Zeichen von besonderer Bedeutung. Zum einen die jüngsten Erdbeben, da laut religiöser Tradition die Toten, die auf dem Ölberg begraben liegen, bei einem endzeitlichen Erdbeben auferweckt werden. Zum anderen sei die nukleare Bedrohung durch den Iran, welche Rabbiner als einen möglichen Auslöser für einen weiteren Weltkrieg einstufen, als Vorbote der nahenden Apokalypse zu werten.

Kabbalisten: Endzeit steht unmittelbar bevor

In einem Interview mit der Zeitung Israel Hayom vertritt der Rabbiner Netanel Shriki diese Auffassung und beurteilt die nukleare Bedrohung durch den Iran als ein klares Zeichen für das Ende dieses Zeitalters. Er bezieht sich dabei auf das alttestamentliche Buch Ezechiel, welches einen Krieg prophezeit, in dem sich ein Großteil der Welt gegen Israel stellt. „Es gibt jedoch die Möglichkeit, dass Israel geschont wird”, erklärt er, „wenn sie umkehren und Buße tun.” Rabbi Shriki wurde im Jahr 2014 bekannt, als er während der Militäroperation Protective Edge für den Einsturz der Gaza-Tunnel betete. Die Meinung von Rabbi Shriki bekräftigt auch ein Rabbiner aus Jerusalem, der sich ebenfalls intensiv mit den Schriften der Kabbala beschäftigt. Rabbi David Batzri hat sich im Besonderen auf die Deutung von Zahlen in biblischen und in anderen religiösen Schriften spezialisiert. Nach dem jüdischen Kalender befinden wir uns im Jahr 5779. Dies ist für die Kabbalisten keineswegs von geringer Bedeutung, da nach jüdischer Tradition die Welt im Jahr 6000 zerstört werden wird. Die Anfänge der Endzeit ständen demnach unmittelbar bevor. Rabbi Batzri geht noch einen Schritt weiter, indem er die Behauptung aufstellt, dass der Messias bereits geboren sei und sich bereits mitten unter uns befinde.

Rabbi: Diskussionen gehen am Wesentlichen vorbei

Obwohl Jerusalem schon immer im Zentrum endzeitlicher Spekulationen stand, haben sich diese in den vergangenen Jahren aufgrund der Blutmonde zugespitzt. Der Hauptteil der israelischen Bevölkerung, sowohl aus dem religiösen als auch aus dem säkularen Lager, schenken diesem Diskurs wenig Beachtung. Rabbi Roni Prinz fasst die Position vieler seiner Zeitgenossen mit den Worten zusammen: „Lasst es gut sein mit den endzeitlichen Diskussionen. Damit geht man nur am Wesentlichen vorbei.”

Bild: Der „Blutmond” über Jerusalem im Juli 2018. Wenn sich der Mond vollständig im Kernschatten der Erde befindet, wird das Licht auf eine besondere Art gebrochen, insbesondere die langwelligen roten Anteile. Der Mond steht dann als sogenannter Blutmond am Himmel. Foto: Hadas Parush / Flash90.

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