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„Das Neue Testament ist ein jüdisches Buch“

JERUSALEM, 15.01.2021 (TM) – Aaron Eime ist Diakon der anglikanischen Christ Church in der Altstadt von Jerusalem. Der Australier hat sich intensiv damit beschäftigt, wie die Bibel in den Jahren zwischen 300 vor und 300 nach Christus ausgelegt wurde, von den Juden und dann von den ersten Christen. Seiner Ansicht nach sind Altes und Neues Testament viel enger verbunden, als es den meisten Christen bewusst ist. In beiden Teilen der Bibel finde sich die selbe Theologie.
Im Interview mit „Fokus Jerusalem“ machte er seine Sicht deutlich: „Als Protestanten haben wir die Tendenz, nur im Neuen Testament zu lesen. Wir lesen es oft außerhalb seines Hintergrundes und Zusammenhangs.“
Jüdische Traditionen kennen
Wer die jüdischen Traditionen kennt, versteht viel besser, warum Jesus sich gegenüber seinen Jüngern so verhielt, erklärt Aaron Eime. Dies gelte auch für die tiefere Bedeutung mancher Worte und Formulierungen: „Wir verstehen, dass das Neue Testament ein jüdisches Buch ist, geschrieben von Juden, über Juden und vorherrschend für Juden. Es beinhaltet das jüdische Konzept des Messias. Alles in diesem Buch steht da aus einem ganz bestimmten Grund. Nach der Auferstehung besucht der Messias seine Jünger, so steht es im Johannes-Evangelium. Und er sagt ein Wort, er sagt: Schalom! Was bedeutet dieses Wort? Wir wissen, es bedeutet Friede. Aber es meint mehr als das.“ Es gibt eine Verbindung zum hebräischen Wort für ‚bezahlen‘, und zwar für ‚alles ganz und vollständig bezahlen.‘ Und so bedeute das Schalom, das Jesus zu seinen Jüngern sagt, dass der Preis vollkommen bezahlt ist. Christen verstehen: gemeint ist der Preis für die Sünden der Welt.
Mehr als ein Gesetzbuch
Die fünf Bücher Mose, die Thora, sind nach Überzeugung von Aaron Eime viel mehr als ein Gesetzbuch. Die Thora sei gut und heilig, so wie Gott gut und heilig sei. Christen müssten sie aber richtig einordnen, unterstrich der Theologe: „Die Thora enthält Weisungen und Lehren und Richtlinien des Herrn. Und deshalb ist sie heilig. Aber wir müssen uns bewusst sein: das war zu einer bestimmten Zeit, an einem bestimmten Ort, sie wurde bestimmten Menschen gegeben in einem bestimmten Land. Viele Leute, die nach Israel kommen, machen das wegen ihrer Liebe und Leidenschaft für die jüdischen Menschen. Das ist hervorragend, und so war das auch bei mir, das brachte mich hierher. Aber wir sollten uns bewusst machen: das moderne heutige Judentum, ebenso wie das moderne heutige Christentum, ist 2000 Jahre entfernt von den Ereignissen, über die wir im Neuen Testament lesen. Wir sollten nicht schauen, was das heutige orthodoxe Christentum oder das heutige orthodoxe Judentum tun, und sagen: Das ist, was sie vor 2000 Jahren getan haben. Das ist so, wie man vor 2000 Jahren in den Heiligen Schriften gelesen hat. Wir müssen die Bibel in ihrem historischen Kontext betrachten und sie zu uns sprechen lassen.“
„Dem Messias folgen“
Aaron Eime beschäftigt sich seit Jahren mit der Auslegung der Bibel. Die jüdischen Rabbiner haben ihm neue Zugänge zum Wort Gottes erschlossen. Sein Fazit und Ratschlag an Christen ist ganz einfach: „Wir sollen dem Beispiel des Messias folgen, wie es die Jünger taten. Wir sollen ihn nachahmen, so wie er Gott nachahmt. Wir sollten die guten Dinge aus Gottes Wort in unsere Lebenspraxis übernehmen und unseren Nächsten lieben, so wie Er uns liebt.“

Bild: Der evangelische Theologe Aaron Eime aus Jerusalem beim Interview mit Fokus Jerusalem.

Foto: Screenshot/Gilad Yosian/FJ

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