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Ring des Pontius Pilatus gefunden

von Ulrich W. Sahm

JERUSALEM, 30.11.2018 – Jeder kennt die zum Sprichwort gewordene Szene: „Er wusch sich die Hände in Unschuld.“ Pontius Pilatus zählt zu den berühmten Figuren und Zeitgenossen des Jesus von Nazareth. Er war der römische Prokurator in Judäa, also der offizielle Vertreter des römischen Kaisers. Und nur er war gemäß dem geltenden Recht befugt, Todesurteile auszusprechen.

Pontius Pilatus ist in jedem Fall eine historisch nachgewiesene Person. Er wurde nicht nur im Neuen Testament und vom zeitgenössischen Historiker, Josephus Flavius, ausdrücklich erwähnt. In Caesarea, der größten römischen Hafenstadt an der Mittelmeerküste, hat man den Sockel einer Säule oder einer Statue entdeckt mit dem eingemeißelten Namen „Pontius Pilatus“. Dieser steinerne „Beweis“ befindet sich heute im Jerusalemer Israel-Museum, zwischen anderen Ausstellungsstücken aus der Zeit Jesu und den Anfängen des Christentums.

Ring schon vor 50 Jahren entdeckt – erst jetzt lüftet er sein Geheimnis

Jetzt berichten israelische Medien von einem weiteren Fund zu diesem römischen Gouverneur.
Kurz nach dem Sechs-Tage-Krieg, 1968, hatte der israelische Archäologe Gideon Förster auf dem Herodion-Hügel östlich von Bethlehem einen Ring ausgegraben, der aber erst jetzt ordentlich gesäubert worden ist. Dank Spezialkameras lüftete der Ring sein Geheimnis: Neben dem Bild eines Weingefäßes war in griechischer Schrift der Name „Pilatus“ in das Metall geprägt.
Weil kein anderer „Pilatus“ bekannt ist, gehen israelische Forscher davon aus, dass dieser Ring dem berühmten Pontius Pilatus gehört haben muss, dem 5. Römischen Gouverneur in Judäa. Er regierte in den Jahren 26 bis 36. Ob er diesen Ring, ein Status-Symbol, selber getragen hat, oder ob damit einer seiner Beamten offizielle Dokumente durch Aufdruck „unterschrieb“, weiß man nicht. „Ich kenne keinen anderen Pilatus aus dieser Zeit und der Ring zeigt, dass er eine Person von Statur und Reichtum war“, sagt Professor Danny Schwartz von der Hebräischen Universität.

Der Fund des Ringes in einer Grube mit Tausenden anderen Kleinfunden auf dem Herodion ist kein Zufall. König Herodes war ein Vasall der Römer und deswegen in der Bevölkerung recht unbeliebt. Östlich von Bethlehem ließ er einen Hügel künstlich aufschütten, um in den weithin sichtbaren Kegelberg eine Festung hineinzubauen. An der nördlichen Flanke wurde neben einem Theater und einem römischen Bad auch eine Art Tempel errichtet. Im Mai 2007 hat hier der israelische Archäologe Ehud Netzer das Grabmal des Königs Herodes mitsamt dem mutwillig zerstörten Sarkophag gefunden. Herodes hatte den Ort ausgewählt, um sicher vor seinen Häschern zu sein. Zudem erlaubte der Standort des Grabmals einen Blick auf Jerusalem.

Da Herodes enge Beziehungen mit den römischen Besatzern pflegte, verwundert es nicht, dass dort auch der Siegelring des Prokurators gefunden worden ist. Der obere Teil des Komplexes, die in den Kegel hinein gebaute mächtige Burg, wurde weiterhin von römischen Beamten genutzt, die damals über Judäa herrschten. Wahrscheinlich habe Pilatus den Herodion als Verwaltungszentrale der Zentralregierung genutzt.

Ein anderer Amtssitz befand sich in Jerusalem beim Jaffator. Das ist die höchste Stelle in der Heiligen Stadt, weshalb es dort seit biblischer Zeit eine immer wieder erneuerte Festung gab. Heute befindet sich dort die zentrale israelische Polizeistation in Jerusalem, Kischleh genannt.
In dem ehemaligen Gefängnis, in dem die Briten bis 1948 jüdische Aufständische aus der Zeit vor der Gründung Israels eingesperrt hatten, drangen Archäologen bis hinunter zum Grundfelsen vor. Dabei entdeckten sie Spuren jenes Palastes, in dessen Innenhof mutmaßlich Pilatus sein Urteil ausgesprochen hat, während er sich die „Hände in Unschuld“ wusch. Klar ist jedenfalls, dass die „Via Dolorosa“ von der Antonia Burg zur heutigen Grabeskirche eine Erfindung des 13. Jahrhunderts ist, und keinesfalls dem echten Weg Jesu mit dem Kreuz auf dem Rücken vom Jaffa-Tor aus entspricht.

 

Bild: Ring des Pontius Pilatus. Zeichnung von J. Rodman.
Fotografiert von Clara Amit (IAA Photographic Department, via Hebrew University).

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