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Regierungswechsel in Ramallah

von Ulrich W. Sahm

JERUSALEM / RAMALLAH, 28.01.2019 – Am heutigen Montagabend will der palästinensische Ministerpräsident Rami Hamdalah dem Präsidenten der Autonomiebehörde, Mahmoud Abbas, angeblich seinen Rücktritt einreichen. So wolle er den Weg für eine Regierungsumbildung frei machen. Dieser von palästinensischen Medien berichtete Schritt dürfte die Krise in der Regierungsspitze nur noch weiter verschärfen.
Seit dem Tod des legendären Gründers der palästinensischen Befreiungsbewegung, Jassir Arafat, 2004 in Paris, befindet sich die Autonomiebehörde in einer andauernden Krise. Bei den durchaus demokratisch vorbildlichen Parlamentswahlen 2006 erlangten die Islamisten der Hamas-Organisation wegen eines kuriosen Wahlgesetzes die absolute Mehrheit der Sitze im Parlament.

Regierung Abbas ohne Legitimität

Jener Kandidat gewinnt den gesamten Wahlkreis, der die meisten Stimmen auf sich vereinigt hat, selbst wenn Kandidaten anderer Parteien weit mehr Wählerstimmen erhalten. Der zuvor schon zum Präsidenten als Nachfolger Arafats gewählte Mahmoud Abbas hätte daraufhin die Vollmachten von Polizei, Geheimdiensten und der Finanzverwaltung an die Hamas übergeben müssen. Doch das hätte auch ihn entmachtet. Daraufhin löste er kurzerhand das Parlament auf. Abbas regierte fortan mit Weisungen, selbst als seine vierjährige Legislatur abgelaufen war und er nun seit über 10 Jahren eigentlich keinerlei Legitimität mehr hat.

2007 übernahm die Hamas-Partei die Macht im Gazastreifen, wobei sie sich bei der Gelegenheit nahm, was ihr nach den Wahlen eigentlich zugestanden hätte. Während dieses Putsches wurden alle bewaffneten Polizisten der Fatah-Partei im Gazastreifen entweder ermordet oder vertrieben. In der Folge waren alle Abmachungen zwischen Israel, Ägypten und der Autonomiebehörde zu den Grenzübergängen vom Gazastreifen nach Ägypten und Israel außer Kraft gesetzt. Die Hamas hatte so die „Belagerung“ des Gazastreifens provoziert.

Wer wird Nachfolger von Präsident Abbas?

Obgleich die Autonomiebehörde auf dem Papier den Gazastreifen weiterhin „beherrscht“, haben ihre Vertreter dort physisch keinen Zugang mehr.
Die Ägypter bemühen sich immer wieder, eine „Versöhnung“ zwischen der Hamas im Gazastreifen und der Regierung in Ramallah herbeizuführen, sind bisher jedoch gescheitert. Inzwischen ist der im sogenannten Westjordanland wenig populäre Präsident Abbas 83 Jahre alt geworden und angeblich sehr krank. Mit allen Mitteln unterbindet er jedoch einen Machtkampf um seine Nachfolge. Mögliche Kandidaten werden verfolgt oder haben sich ins Exil abgesetzt.
Neben der Spaltung der Palästinenser in zwei Herrschaftsgebiete, Gaza und Westjordanland, wird wegen erheblichen Widersprüchen in der Politik der Regierung des Abbas gestritten.
Einerseits kann sich Abbas nur dank der engen Sicherheitskooperation seiner Geheimdienste mit den Israelis über Wasser erhalten. Andererseits verschärft sich immer mehr der Kampf gegen jegliche „Normalisierung“ mit Israel. Doch ohne die Einkünfte von 100.000 Gastarbeitern in Israel und Siedlungen in den besetzten Gebieten, könnten auch die Menschen im sogenannten Westjordanland nicht überleben.

Weil der Gazastreifen von der Außenwelt fast völlig abgeschnitten ist, herrscht dort eine Arbeitslosigkeit von 80 Prozent vor allem unter jungen Menschen.
Mit dem Rücktritt des langjährigen Regierungschefs Hamdallah verliert Abbas jetzt auch noch seine einigermaßen funktionierende Regierung.
Wie es dort weitergeht, kann niemand vorhersagen.

Foto: Blick auf Ramallah und die Siedlung Bet El. Bild vom 6. August 2016.
Quelle: Zack Wajsgras / Flash90.

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