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Israel wird Land an Jordanien abgeben

von Ulrich W. Sahm

JERUSALEM, 15.10.2019 – Dutzende israelische Landwirte sehen einer unsicheren Zukunft entgegen. Sie wurden informiert, dass das Land, das sie seit Jahrzehnten bearbeiten, bald an Jordanien zurückgegeben werde. Dabei geht es um zwei Parzellen: Naharayim, im Arabischen bekannt als Baqoura, im Jordantal und Tzofar oder Ghumar, in der Arawa-Region im Süden Israels. Insgesamt handelt es sich um eine Fläche von etwa 1.000 Dunam (247 Morgen).

Jordanien will Pachtvertrag nicht verlängern

Eine Sonderklausel im Friedensvertrag von 1994 zwischen den Ländern erlaubte Israel, die Nutzung des Landes für 25 Jahre beizubehalten, mit der Maßgabe, dass der Pachtvertrag routinemäßig verlängert werde. Im Oktober 2018 kündigte König Abdullah II. jedoch inmitten innerer Unruhen in Jordanien Pläne zur Beendigung des Pachtvertrags an. Trotz Bemühungen der israelischen Regierung waren die Verhandlungen erfolglos.

„Ich glaube nicht, dass jemand eine Ahnung hat, was als nächstes kommt, und die Tatsache, dass es eine Übergangsregierung gibt, hilft der Situation nicht“, sagte Oren Reuveni, Plantagenmanager im Kibbuz Ashdot Yaakov Ihud im Norden des Landes.

Im Nachhinein sei die Entscheidung Jordaniens, den Pachtvertrag nicht zu verlängern, vorhersehbar gewesen, meinte Reuveni. Mehrfach hätten jordanische Offiziere israelischen Bauern und ihren Arbeitern den Zugang zu dem Land verweigert. „Damals dachten wir einfach, die Jordanier würden ihre Muskeln spielen lassen. Wir wussten nicht, dass sie die Rückgabe des Landes verlangen würden. Im Nachhinein kann ich sagen, dass sie die Grundlagen dafür gelegt haben“, sagte Reuveni. „All die Jahre wussten wir, dass dieser Bereich eine politische Bedeutung hat, die weit über die Landwirtschaft hinausgeht, weshalb Israel ihn behalten musste. Plötzlich änderte die Regierung die Richtung komplett. Wir dachten, dass jetzt, da die Jordanier mehr Wasser aus Israel bekommen haben, das Problem gelöst sein würde, aber der Staat hat nicht für dieses Land gekämpft“, klagte er.

Land gegen Wasser?

Israel hat sich im Rahmen des Friedensvertrags bereit erklärt, Jordanien, das unter einer schweren Wasserkrise leidet, mit 45 Millionen Kubikmetern Wasser pro Jahr zu versorgen. In den letzten Jahren wurde diese Menge auf 55 Millionen Kubikmeter Wasser erhöht. Angesichts der wachsenden Herausforderung, Flüchtlinge des Bürgerkriegs in Syrien aufzunehmen, hat Amman 2018 erneut an Israel appelliert, die Jahresquote auf 100 Millionen Kubikmeter zu erhöhen.

Der Leiter des Regionalrats des Jordantals, Idan Greenbaum, sagte: „Es gibt Gespräche mit den Jordaniern und wir hoffen, eine Einigung zu erzielen. Das israelische Außenministerium arbeitet mit seinem jordanischen Amtskollegen zusammen und der Nationale Sicherheitsrat arbeitet mit Amman, aber im Moment glaube ich nicht, dass die Erfolgsaussichten hoch sind. Es wäre bedauerlich, wenn das Land, das seit über 70 Jahren von den Ashdot-Kibbuzim bewirtschaftet wird, an die Jordanier abgetreten wird, und es widerspricht dem Geist des Friedensvertrages zwischen König Hussein und Yitzhak Rabin. Wir sind mit diesem Land verbunden. In den härteren Zeiten der Vergangenheit gaben die Menschen ihr Leben, um dieses Land weiter zu bearbeiten.“

Laut Greenbaum könnte die jordanische Entscheidung ein Versuch sein, Israel in anderen Fragen unter Druck zu setzen, wie zum Beispiel der Erhöhung der jährlichen Wasserzuteilung.

Landrückgabe auch Sicherheitsrisiko

Laut Plantagenmanager Reuveni stellt die Reduzierung der israelischen Präsenz in der Region ein Sicherheitsrisiko dar, denn wenn das Regime in Jordanien destabilisiert werden sollte, könnten feindliche Elemente leichter die Grenze überwinden und nach Israel eindringen. „Wir alle wissen, wie die Dinge im Nahen Osten laufen. Plötzlich könnte ich aufwachen und der islamische Staat oder andere feindliche Elemente werden meinen Kibbuz umgeben“, befürchtete Reuveni. „Leute, die nicht hier wohnen, verstehen das nicht – sie halten es für lächerlich.“

Foto: Blick von den südlichen Golanhöhen aus auf die jordanische Seite der Grenze. Bild vom 21 März 2018. Quelle: Yossi Zamir / Flash90.

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