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Wahl in Großbritannien: Britische Juden fürchten Labour-Chef Corbyn

LONDON / JERUSALEM, 09.12.2019 (IH) – Wer siegt am Donnerstag bei der Wahl in Großbritannien? Juden in Großbritannien fürchten, dass Oppositionsführer Jeremy Corbyn die Wahl gewinnen könnte und schlagen Alarm. Denn der britische Labour-Chef ist umstritten, er steht immer wieder wegen Antisemitismusvorwürfen gegen seine Partei und ihn selbst in der Kritik. Das Simon Wiesenthal Center stufte ihn als Top-Antisemiten des Jahres 2019 ein. Was ist dran an den Vorwürfen?

Vor wenigen Wochen hat der britische Oberrabbiner Ephraim Mirvis den beispiellosen Schritt unternommen, die bevorstehenden Wahlen zu kommentieren. Er warnte vor einem möglichen Sieg Corbyns und forderte die Wähler auf, sich gegen Labour zu stellen. Auch israelische Politiker schlagen vor Corbyn Alarm und sehen in seiner Israelfeindlichkeit eine Form des Antisemitismus: Yair Lapid (Jesch Atid) nannte Corbyn einen „Antisemiten und Rassisten“. „Normalerweise sollte man sich nicht in Wahlen in anderen Ländern einmischen. Aber in diesem Fall werde ich eine Ausnahme machen. Jeremy Corbyn ist ein Antisemit. Wenn du etwas in dieser Welt wissen willst, musst du zu einem Experten gehen. Und es gibt Experten für Antisemiten – sie werden Juden genannt. Ich bin ein Experte auf diesem Gebiet“, so Lapid.

Auch innerhalb der eigenen Reihen wird der Labour-Chef angeprangert: Die jüdische Arbeiterbewegung wirft ihm in einem 53 Seiten starken Bericht antisemitische Handlungen in neun Fällen vor. Laut einer Dokumentation der BBC sollen hochrangigen Labour-Politiker ein antijüdisches Klima in der Partei geschaffen und Disziplinarmaßnahmen verschleppt haben.

Foto: In der britischen Hauptstadt London wird in wenigen Tagen gewählt.
Quelle: Nati Shohat / Flash90.

Während Corbyn seit langem Vorwürfe des Antisemitismus zurückweist und sie als Angriffe auf seine Kritik an Israel abtut, spricht sein Verhalten eine deutliche Sprache: So nahm er an einer Erinnerungsfeier für ein Massaker an Palästinensern teil, das von einem Holocaust-Leugner durchgeführt wurde. Hinterher behauptete er, das nicht gewusst zu haben. 2009 nannte er Hisbollah und Hamas „Freunde“, also Terrororganisationen, deren erklärtes Ziel eine Vernichtung des jüdischen Staates ist. Jahre später bedauerte er diese Äußerung. Außerdem nahm er an einer Kranzniederlegung für PLO-Funktionäre teil und gab später vor, nicht gewusst zu haben, dass einige von ihnen für das Olympia-Massaker im Jahr 1972 verantwortlich waren. Bei einer Konferenz in Katar saß er neben Hamas-Funktionären auf dem Podium, vergangenes Jahr wurde bekannt, dass er Mitglied einer Facebookgruppe voll mit antisemitischen Kommentaren war.

Die Mehrheit der britischen Juden hat kürzlich in einer Umfrage erklärt, dass sie ernsthaft erwägen, das Land zu verlassen, sollte Corbyn zum Premierminister gewählt werden.

Titelbild: Laut aktuellen Umfragen liegt Herausforderer Jeremy Corbn (Foto) hinter dem amtierenden Premierminister Boris Johnson. Quelle: Chris McAndrew / wikicommons – gemeinfrei / CC BY 3.0 .

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