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Ein Weg aus der Sackgasse: Israel bekommt Einheitsregierung

JERUSALEM, 21.04.2020 (DK) – Nach drei Wahlen binnen eines Jahres, einem erbitterten politischen Kampf und zähen Verhandlungen bekommt Israel endlich eine Einheitsregierung. Die Spitzenkandidaten Benjamin Netanjahu und Benny Gantz haben am Montagabend einen Koalitionsvertrag unterzeichnet. Für das Amt des Ministerpräsidenten ist ein Rotationsabkommen vorgesehen. Zunächst wird Netanjahu das Amt für eineinhalb Jahre bekleiden und dann von Gantz an der Spitze abgelöst werden. Die Coronakrise hatte die beiden Politiker nach den Wahlen am 2. März an den Verhandlungstisch gezwungen.

Netanjahu und Gantz bilden „Notstandsregierung der nationalen Einheit“

Es handle sich um eine „Notstandsregierung der nationalen Einheit“, hieß es in einer gemeinsamen Pressemitteilung. Ob die Regierung tatsächlich geeint ist und die vorgesehenen vier Jahre ohne frühzeitige Auflösung überstehen kann, bleibt indes ungewiss. In den israelischen Medien wird der Vertrag zwischen den beiden Parteien als ein Sieg für Netanjahu gewertet. Seine Likud-Partei erhielt ein Vetorecht bei der Besetzung des Obersten Gerichts. Dies verschafft Netanjahu einen klaren Vorteil hinsichtlich der Korruptionsanklage gegen ihn. 

In Tel Aviv hat sich in der vergangenen Woche eine Protestbewegung formiert. Trotz des Ausnahmezustands versammelten sich 2000 Israelis auf dem Rabin Platz und demonstrierten gegen undemokratische Maßnahmen der Regierung. In Coronazeiten fürchten die Bürger, dass die Politiker ihren eigenen Nutzen aus der Situation ziehen. Sie sehen das demokratische Grundprinzip des Landes bedroht. Die Vorwürfe beziehen sich unter anderem auf die staatliche Handyüberwachung, um Corona-Infizierte auszumachen. Zudem fordern die Demonstranten angeklagten Politikern das Amt des Ministerpräsidenten zu entziehen. 

Kann große Koalition langfristig politische Stabilität bringen?

Israel wird bereits seit Ende 2018 von einer Übergangsregierung mit Netanjahu an der Spitze verwaltet. Weder der rechte noch der linke Block der Knesset war imstande eine parlamentarische Mehrheit zu bilden. Erst nach den dritten Wahlen zogen die beiden stärksten Parteien, Likud und Blau-Weiß, eine Einheitsregierung in Betracht. Das Mittebündnis Blau-Weiß zerbrach allerdings infolge von Gantzs Entscheidung, sich Netanjahu anzuschließen. Ob die große Koalition langfristig Stabilität bringen wird, bleibt weiterhin unklar. 

Bild: Wahlplakat der israelischen Partei Blau-Weiß. Quelle: Miriam Alster/FLASH90

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