Trotz mehreren Krisenherden steuert Israel auf Einheitsregierung zu
JERUSALEM, 05.04.2020 (DK) – Israel muss sich im Kampf gegen das Coronavirus mehreren Herausforderungen stellen: Die Arbeitslosenquote liegt bei 24%, einigen Branchen droht der wirtschaftliche Zusammenbruch und die Medizin verfügt nicht über ausreichend Tests und Schutzanzüge. Diese Krise hat die Rivalen Benjamin Netanjahu und Benny Gantz an den Verhandlungstisch gezwungen. Der amtierende Ministerpräsident und der Oppositionsführer scheinen kurz vor der Einigung auf eine große Koalition zu stehen. Die Gespräche zwischen den beiden Parteien finden über mehrere Meter Distanz statt, da Netanjahu sich derzeit in Quarantäne befindet. Trotz dieser Hürde sollen dennoch bedeutende Fortschritte erzielt worden sein.
Berichten zufolge sieht ein Abkommen zwischen der Likud-Partei und Blau-Weiß eine Rotation im Amt des Ministerpräsidenten vor. Zuerst wird Netanjahu für eineinhalb Jahre Regierungschef. Im Herbst kommenden Jahres soll Gantz ihn dann ablösen. Nach den vergangenen zwei Wahlen hatte der Vorsitzende von Blau-Weiß sich geweigert, einer Regierung unter Netanjahus Führung beizutreten. Dieser wird in drei Fällen der Korruption angeklagt. Die Situation habe sich jedoch mit Ausbruch des Coronavirus drastisch verändert, so Gantz. Sein Mitte-Bündnis ging infolge der Entscheidung mit Netanjahu zu kooperieren in die Brüche.
Streitpunkte: Ministerämter und Annexion des Jordantals
Zu Streit kam es unter anderem bei der Frage um die Belegung der Ministerämter. Derzeit haben Politikern des rechtskonservativen Blocks alle wichtigen Ämter inne. Auch hinsichtlich der von Netanjahu angestrebten Annexion der israelischen Siedlungen und des Jordantals kam es zu keiner Übereinkunft. Gantz will dieser nur im Falle einer Erlaubnis seitens der internationalen Gemeinschaft zustimmen.
Arbeiterpartei will sich der großen Koalition anschließen
Einige Politiker des ehemaligen Partei-Bündnisses unter Netanjahu drohten in den vergangenen Tagen sich gegen die Einheitsregierung zu stellen. Die rechtsgerichtete Fraktion Jamina wollte ursprünglich eine große Koalition unterstützen. Doch nun werden laut Berichten viele ihrer Ministerämter an die Kollegen von Blau-Weiß abgegeben. Sollte dies geschehen, so die Vorsitzende Ayelet Shaked, wird sich ihre Partei in die Opposition begeben. Israels Arbeiterpartei schlägt die entgegengesetzte Richtung ein. Sie wollen ihr Bündnis mit der linken Meretz auflösen und sich anschließend einer Mehrheitsregierung anschließen.
Bild: Benjamin Netanjahu und Benny Gantz bei einer Gedächtnisfeier für Shimon Perez. Quelle: Esty Dziubov/TPS