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Korruptions-Prozess: Netanjahus wichtigster Anwalt tritt zurück

JERUSALEM, 10.07.2020 (DK) – Nur wenige Tage vor der zweiten Anhörung im Korruptionsfall Netanjahu hat der wichtigste Anwalt des Premierministers sein Amt niedergelegt. Der Regierungschef steht wegen Betrugs, Vertrauensbruchs und Annahme von Bestechungsgeldern vor Gericht. Das Verteidigungsteam aus Top-Anwälten kommt den Premier teuer zu stehen. Aufgrund dessen beantragte Netanjahu kürzlich, sich die Anwaltskosten von einem befreundeten Geschäftsmann bezahlen lassen zu dürfen. Es handelt sich um rund 2,6 Millionen Euro. Der Antrag wurde vom israelischen Staatskontrolleur jedoch einstimmig abgelehnt. Anwalt Micha Fettman scheint nun zu befürchten, um sein Geld zu kommen. 

Fettmans Rücktritt könnte nächste Anhörung hinauszögern

Der in Michigan ansässige Geschäftsmann Spencer Patrick wird auch als Zeuge für Netanjahus Verteidigungsteam auftreten. Als Hauptgrund gegen sein Geldgeschenk wurde demnach ein möglicher Interessenskonflikt genannt. Die bereits erhaltenen 260.000 Euro von Nathan Milikowski, einem Cousin des Premiers, müssen zudem umgehend zurückgezahlt werden. Ob Netanjahu nun tatsächlich in finanziellen Schwierigkeiten steckt, bleibt abzuwarten. In den israelischen Medien wird spekuliert, dass Fettmans Rücktritt Teil einer Strategie darstellt, die nächste Anhörung hinauszuzögern.

Diese Woche hat Netanjahu bereits einen weiteren Hieb einstecken müssen. In Israel herrscht derzeit ein erbitterter Kampf zwischen dem rechten Block in der Knesset und dem Justizsystem. Am Mittwoch hatte die Partei Jamina, unterstützt von Netanjahus Likud, einen umstrittenen Gesetzentwurf vorgestellt. Die Knesset sollte demnach ein Komitee bilden, welches politische Interessenkonflikte der Obersten Richter untersucht. Der Antrag wurde im Parlament jedoch abgelehnt. In der Vergangenheit hat Netanjahu selbst der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, einen amtierenden rechten Premierminister stürzen zu wollen. 

Verurteilung könnte zu Überwachung der Medien führen

Am schwerwiegendsten unter den Anklagen gegen den Premier gestaltet sich der Fall 4000. Im Gegenzug für positive Berichterstattung soll Netanjahu dem Medienmogul Bezeq Vergünstigungen eingeräumt haben. Dies spricht für eine unlautere Beeinflussung der Medien. Auf der anderen Seite wird argumentiert, dass eine Verurteilung zu einer massiveren Überwachung von Journalisten führen würde. So könnte jede positive Berichterstattung nach Gesprächen mit Politikern potentiell in Bestechungsvorwürfen enden. 

Bild: Netanjahu und sein Anwalt bei der ersten Anhörung im Korruptions-Prozess. Quelle: Amit Shabi/POOL

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