zurück zu Aktuelles

Gehörloser Rabbiner übersetzt Bibel in Gebärdensprache

JERUSALEM, 01.03.2021 (TG) – Der einzige gehörlose Rabbiner Israels, Yehoshua Soudakoff, hat ein Projekt ins Leben gerufen, bei dem die gesamte hebräische Bibel visuell für gehörlose Menschen dargestellt werden soll. Er möchte so die Lesungen aus der Bibel zugänglich machen für die rund 15.000 Israelis, die sie aufgrund ihrer körperlichen Einschränkung nicht hören können. Soudakoff sieht darin eine große Verantwortung. Weltweit sind seinen Angaben zufolge 40.000 bis 50.000 Juden von Gehörlosigkeit betroffen.
Langwieriger Prozess
Der Rabbiner hat sich mit einem Team von Wissenschaftlern zusammengetan. Gemeinsam wollen sie alle 24 Bücher des „Alten Testaments“ in ein visuelles Format übersetzen, um es „zum Leben bringen“. Der Rabbiner erklärte, dass sein Team und er das Buch Ruth fertiggestellt haben und in der Mitte der Bücher Genesis und Esther stehen. Dabei begegnen sie besonderen Herausforderungen. Als Beispiel nennt Soudakoff den Abschnitt im Buch Ruth, als Boaz Ruth Brot gab: „Die Frage ist, was war das für ein Brot? Flach, rund? Diese Information ist nicht im Text eingeschlossen. Wir haben keine Bilder aus dieser Zeit.“ So sucht das gesamte Team nun den besten Weg, um das geschriebene Wort in Bilder zu übersetzen. Jedes Team benötigt mindestens zwei Personen, die die Gebärdensprache fließend beherrschen. Während die eine Person die Schrift interpretiert, ist die andere Person dafür verantwortlich, die Wörter schauspielerisch auszudrücken. Da dieses Projekt besondere Arbeit erfordert und aufwändig ist, wird der gesamte Prozess auf 15 Jahre veranschlagt.
Der gehörlose Rabbiner sieht in seinem Unterfangen einen besonderen Mehrwert: Er will das Gemeinschaftsgefühl unter den Gehörlosen verbessern. Thora-Lesungen finden dreimal in der Woche in den Synagogen statt, sie sind „eine gemeinsame, menschliche Erfahrung. Gehörlose Menschen werden oft davon ausgeschlossen“. Genau das will der Rabbiner, der selbst aus einer gehörlosen Familie kommt, ändern.
„Erkennen, dass der Himmel die Grenze ist“
Nicht nur das neue Projekt beschäftigt den Rabbiner. Um das Leben der gehörlosen und schwerhörigen jüdischen Kinder zu verbessern, betreibt Soudakoff auch ein internationales Sommercamp für Gehörlose und Schwerhörige. Die Teilnehmer kommen aus allen Enden der Welt, auch die Leiter des Camps sind gehörlos. Dies ist beabsichtigt, erklärt Soudakoff. Denn „so ist es viel wirkungsvoller, wenn die Kinder sehen, dass auch ihre Leiter nicht hören. Sie sehen, dass der Himmel die Grenze ist und auch gehörlose Menschen nicht nur am jüdischen Leben teilhaben können, sondern auch etwas zurückgeben können“.

Bild: Der gehörlose Rabbi Yehoshua Soudakoff (links) im Videostudio zusammen mit den Darstellern Daniel Malka (Mitter) und Chen Belilty. Quelle: privat/Soudakoff

Weitere News aus dem Heiligen Land