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Die kleinen Parteien entscheiden die Wahl

JERUSALEM, 23.03.2021 (TM) – Die Wahllokale in Israel sind heute um 7 Uhr für die vierte Wahl in zwei Jahren geöffnet worden. Die Vorsitzende des Wahlkomitees, Orly Adas, machte deutlich, dass die Auszählung der Stimmen aufgrund der Vorsichtsmaßnahmen gegen Corona und des bevorstehenden Passahfestes wahrscheinlich mehrere Tage dauern wird – deutlich länger als gewöhnlich. Sie warnte davor, deshalb das Ergebnis der Wahl anzuzweifeln. Die Polizei hat Vorkehrungen getroffen, damit das israelische Parlament nicht von Extremisten gestürmt wird – die Ausschreitungen im Kapitol in Washington sollen sich in Jerusalem nicht wiederholen. Insgesamt sichern mehr als 20.000 Polizisten die Wahllokale.

Viele Parteien an der 3,35-Prozent-Schwelle

Vorhersagen über den Wahlausgang seien extrem schwierig, heißt es bei den Meinungsforschern. Das liegt an vielen kleinen Parteien, die sich knapp um die 3,25-Prozent-Schwelle bewegen. Sie könnten in der neuen Knesset das Zünglein an der Waage sein, wenn sie den Einzug schaffen. Die Anti-Netanjahu-Parteien Blau-Weiß und Meretz liegen nahe am Grenzwert. Die religiös- zionistische Partei scheint sich nach neuesten Umfragen in einem etwas sichereren Bereich zu befinden. Die muslimische Ra’am-Partei liegt in den Prognosen ebenfalls in der Nähe der 3,25-Prozent-Hürde.

Der Hauptkampf findet zwischen dem rechten Block unter der Führung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und seiner Likud-Partei sowie zwischen dem Mitte-Links-Block unter der Führung von Yair Lapid, seiner Partei Yesh Atid und mehreren anderen Anti-Netanjahu-Parteien statt. In den letzten Umfragen vor der Wahl lagen beide Blöcke Kopf an Kopf. Die Beliebtheit von Netanjahu war zuletzt in gleichem Maß gestiegen, wie die Corona-Neuinfektionen sanken. Netanjahu punktet außerdem mit den Friedensabkommen, die er mit den Emiraten, Bahrain, Marokko und dem Sudan geschlossen hat. Lapid verweist dagegen auf die Korruptionsanklagen gegen den Regierungschef.

Shas nominiert keine Frauen

Netanjahu könnte zugute kommen, dass ultraorthodoxen Parteien, seine wichtigsten Verbündeten, traditionell eine hohe Wahlbeteiligung verzeichnen. Die strengreligiöse Shas-Partei hatte kurz vor der Wahl Schlagzeilen gemacht, weil sie keine einzige Frau nominiert hat. Ihr Vorsitzender, Innenminister Aryeh Deri, verteidigte das mit dem Hinweis, Politik sei nicht der „natürliche Platz“ für Frauen.

Auswahl zwischen 39 Parteien

Die 6,5 Millionen Wahlberechtigten können zwischen 39 Parteien wählen. In Gefängnissen wurden 61 Wahllokale für Häftlinge eingerichtet. Es gibt 309 Wahllokale in Krankenhäusern. Außerdem gibt es spezielle Wahlzentren mit besonderen Sicherheitsvorkehrungen für Corona-Infizierte und Israelis in Quarantäne. Erstmals wurde am Flughafen Ben Gurion ein spezielles Wahllokal für Passagiere eingerichtet, die nach Israel einreisen und in Quarantäne müssen. Am Wahltag werden voraussichtlich rund 2.600 Menschen am Flughafen ankommen.

Bild: Stimmabgabe in Corona-Zeiten: In Jerusalem wurde ein besonders geschütztes Wahllokal eingerichtet, in dem an Covid-19 Erkrankte ihre Stimme abgeben können. Foto: Olivier Fitoussi/Flash90

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