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Arabische Partei könnte die Wahl in Israel entscheiden

JERUSALEM, 24.03.2021 (TM) – Der Block der Netanjahu-Unterstützer hat nach dem aktuellen Stand der Stimmenauszählung keine Mehrheit mehr. Am Vormittag waren 88 Prozent der abgegeben Stimmzettel ausgewertet. Danach kann der bisherige Regierungschef nur auf die Unterstützung von 59 der insgesamt 120 Knesset-Abgeordneten zählen. Die ersten Wahlprognosen hatten ihn noch vorne gesehen. Doch dann schaffte überraschend die arabische Ra‘am-Partei noch die 3,25-Prozent-Hürde. Das verändert die Sitzverteilung deutlich.

Schlüsselrolle für Ra‘am-Partei

Ra‘am-Parteichef Mansour Abbas (46) könnte nun zum Königsmacher werden. Er befürwortete in der Vergangenheit die Zusammenarbeit mit zionistischen Parteien. Er will den arabischen Israelis dadurch die Gelder sichern, die nötig sind, um deren Gesellschaft zu modernisieren. Abbas erklärte, er stecke „weder in der Tasche der Netanjahu-Gegner noch der Netanjahu-Unterstützer.“ Oppositionsführer Yair Lapid kündigte sofort Gespräche mit der Ra‘am-Partei an, die voraussichtlich fünf Sitze erhalten wird.

In Netanjahus Likud-Partei brach ein offener Streit aus über die Frage, ob die Araber Teil der Regierung sein können. Der stellvertretende Gesundheitsminister Yoav Kisch sagte dem öffentlich-rechtlichen Fernsehsender Kan, dass Ra’am-Führer Mansour Abbas „definitiv nicht Teil der Regierung sein wird.“ Wenn der Pro-Netanjahu-Block nicht die notwendige Mehrheit von 61 Sitzen erhält, „stehen wir vor den fünften Wahlen.“ Der Likud-Abgeordnete Tzachi Hanegbi erklärte dagegen: „In der gegenwärtigen Situation sehen wir Mansour Abbas als potenzielle Möglichkeit [für den Koalitionspartner].“

Likud bleibt stärkste Kraft

Der aktuelle Stand der Auszählung ergibt folgende Sitzverteilung: Likud (Netanjahu, konservativ) 30 Sitze; Yesh Atid (Lapid, liberal) 17; Shas (Deri, ultraorthodox) 9; Blau und Weiß (Gantz, mitte-links) 8; Arbeiterpartei (Michaeli, sozialdemokratisch) 7; Yamina (Bennett, nationalreligiös), 7; Vereinigtes Thora-Judentum (Litzman, ultraorthodox) 7; Israel Beytenu (Lieberman, säkular) 7; Vereinte Arabische Liste (Odeh, arabisch) 6; Religiöser Zionismus (Smotrich, religiös-nationalistisch) 6; Neue Hoffnung (Saar, konservativ) 6; Meretz (Horovitz, sozialistisch) 5; und Ra’am (Abbas, arabisch-islamistisch) 5. Das Ergebnis ist noch unsicher, da Ra‘am nur knapp über der 3,25 Prozent-Hürde liegt.

Der Pro-Netanjahu-Block kommt – sofern er von der siedlerfreundlichen Yamina-Partei des früheren Verteidigungsminister Bennett unterstützt wird – auf 59 Sitze. Zusammen mit Ra‘am hätte dieser Block eine Mehrheit von 64 Sitzen.

Die Netanjahu-Gegner haben 56 Sitze sicher. Wenn sich die Ra‘am-Partei ihnen anschließt, könnte Oppositionsführer Yair Lapid mit 61 Stimmen neuer Regierungschef werden. Allerdings müsse er sich auf eine sehr brüchige und teilweise verfeindete Koalition stützen, von Linken über Säkularen bis hin zu Arabern und National-Konservativen. Sie eint nur der Wunsch, Netanjahu abzulösen.

„König Bibi“, der am längsten amtierende Regierungschef Israels, warb in einer nächtlichen Ansprache um die Unterstützung weiterer Parteien: „Wir dürfen nicht in eine fünften Wahl gezerrt werden“, unterstrich Netanjahu. „Ich strecke meine Hand zu allen Kollegen aus, die mir zustimmen.“

Bild: Mansour Abbas, der Chef der arabischen Ra‘am-Partei. Wenn seine Partei tatsächlich in die Knesset einzieht und fünf Sitze erhält, fällt ihm eine Schlüsselrolle zu. Foto: Flash 90

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