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Rätsel um eingemeißelte Kreuze in der Grabeskirche scheint gelöst

JERUSALEM, 01.04.2021 (TM) – Archäologen der israelischen Altertumsbehörde (IAA) sind davon überzeugt, dass sie ein uraltes Rätsel in der heiligsten Kirche des Christentums gelöst haben. Die Grabeskirche in Jerusalem weist an den Wänden eine Vielzahl von eingemeißelten Kreuzen auf. Bisher wusste man nicht, wie sie dorthin kamen. Es wurde vermutet, dass Pilger sie in den Stein geritzt hätten. So, als würde man seinen Namen in einen Baumstamm schnitzen, eine Erinnerung in der Art „Ich war da“.

Kreuze sind verblüffend gleich

„Dieses einzigartige Phänomen hat uns immer verblüfft“, erklärte Amit Re’em, Leiter des IAA-Distrikts Jerusalem, gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Während der Renovierungsarbeiten in der Kirche konnten Archäologen die geritzten Kreuze nun aus der Nähe untersuchen und sie mithilfe von 3D-Bildern und digitaler Technik vergleichen. Viele Kreuze hatten exakt dieselbe Form und Tiefe. Es sind einige Tausend Kreuze, aber offenbar waren nur wenige Leute an ihrer Herstellung beteiligt. Die Archäologen entwickelten eine neue Theorie.

Eingeritzte Kreuze in der Grabeskirche. Foto: Video-Screenshot

„Vielleicht haben zwei oder drei Künstler diese Kreuze in den Stein gemeißelt“, erläuterte Re’em. „Es handelt sich also nicht um Graffiti, sondern um etwas besser Organisiertes.“ Er geht davon aus, dass es für Pilger einst üblich war, Fachleute für das Ritzen zu bezahlen: „Nehmen wir an, Sie sind ein armenischer Pilger. Sie bezahlen dem Priester etwas, Sie bezahlen diesem besonderen Künstler etwas, und er hat für Sie zum Wohle Ihrer Seele und der Seelen Ihrer Verwandten ein besonderes Kreuz am heiligsten Ort der Christenheit geritzt.“

Kirche fast 1700 Jahre alt

Die Grabeskirche am Ende der Via Dolorosa steht der Überlieferung zufolge an jener Stelle, an der Jesus begraben wurde und auferstanden ist. Die Kirche ist heute der Sitz des griechisch-orthodoxen Patriarchen von Jerusalem und des katholischen Erzpriesters der Basilika des heiligen Grabes. Insgesamt ist das Bauwerk in der Hand von sechs christlichen Konfessionen. Die Kirche wurde im Jahr 335 geweiht und gehört damit zu den ältesten christlichen Bauten der Welt. Von der ursprünglichen Basilika ist aber nur wenig erhalten. Die Kirche wurde mehrfach zerstört und umgebaut. 

Wegen der Corona-Pandemie war die Grabeskirche mehrere Monate klang geschlossen. Inzwischen kann sie wieder besucht werden. Da es derzeit keine ausländischen Touristen im Land gibt, kommt es nicht zu dem sonst üblichen Gedränge und den langen Warteschlangen vor der Nachbildung des Grabes Jesu. 

Bild: Nur einheimische Christen können zur Zeit die Grabeskirche in Jerusalem besuchen. Foto: Yossi Zamir / Flash 90

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