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Raketen, Terror und explosiver israelischer Humor

JERUSALEM, 27.05.2021 (NH) – Seit Jahrzehnten steht Israel unter Raketenbeschuss und lebt mit täglichen Terrorattacken. Alle Jahre wieder, mit Grund oder ohne, entscheidet sich eine der zahlreichen Terrororganisationen, um und innerhalb des Heiligen Landes dessen Zivilisten zu bombardieren. Sei es die palästinensische Hamas, der islamische Dschihad aus dem Gazastreifen oder die militante Hisbollah im Norden, an Vernichtungsfans des auserwählten Volkes, fehlt es Israel nicht.

Diese Runde wurde von der militanten Hamas begonnen, mit freundlicher Unterstützung des islamischen Dschihad. Israelis entwickelten eine Art persönlichen Iron Dome – ihren Humor. Das persönliche Raketenabwehrsystem schießt Depressionen und Angst ab, bevor sie in der Seele einschlagen.

Schwarzer Humor als seelische Balance

Wie in jedem Konflikt finden die betroffenen Menschen einen Weg, die Problematik in ihr Leben zu integrieren. Für die Israelis ist der Humor eine Art der Traumabearbeitung. Humor und Satire sind mächtige Werkzeuge, die es uns ermöglichen, Dinge aus einer anderen Perspektiven zu sehen, kritisch zu denken und uns natürlich zum Lachen zu bringen. Humor lindert Angst und Schmerz. Schon Sigmund Freud erkannte, dass jüdischer Humor einzigartig ist, da die Juden mit der Gabe ausgestattet sind, in allererster Linnie über sich selbst zu lachen und nicht über Außenstehende. Der israelische Humor ist genau wie ihr Kaffee: schwarz und stark!

Der moderne Zionismus ist zur heutigen Zeit mit einer Prise schwarzer Satire verfeinert. Über Holocaust, Krieg und Terrorismus zu lachen, mag für Außenstehende zuerst befremdlich erscheinen, doch ist es für einige Israelis zum Lebensmotto geworden. Sich durch den täglichen Terror zu lachen, ist für manche gar zu einer Waffe mutiert. Man kann versuchen, den Israelis ihr Land streitig zu machen und ihnen das Existenzrecht absprechen, doch ihre persönliche Waffe, der Humor, kann man ihnen nicht wegnehmen. Ein Terrorist im Restaurant, eine Bombe im Bus, ein Raketeneinschlag in der Wohnung, es bedarf einer großen Menge Optimismus und Überlebenswillen, sich in so dunklen Zeiten ein Lächeln abzugewinnen.

So auch in der letzten Gazaoffensive. Zwischen Raketeneinschlägen und Terrorattacken wurden öffentliche Plattformen und Nachrichtenseiten genutzt, um einander über explosiven Humor aufzubauen und zu bestärken. Es wurde eine Art Herdenimmunität gegen die erschreckende Bedrohung der Hamasraketen entwickelt. So schrieb der Facebook User Ilan Kazavian auf seiner Seite: „Der Raketenbeschuss mit Ankündigung, erinnert mich doch sehr an die Sirenen der staatlichen Gedenktage. Fast wäre ich für eine Schweigeminute aufgestanden.“.

Mishel Taroni sorgt mit seinem schwarzen Humor für Erheiterung. Quelle: Facebook-Seite Mishel Taroni

Zwischen Raketen – und Lachsalven

In der israelischen Facebook-Kochgruppe „Mamas kochen zusammen“ tauschen junge Frauen und Mütter untereinander ihre Rezepte und Kochideen. So wurde die Frage eines der Mitglieder „Was kocht ihr heute zu Mittag?“ mit Antworten wie „Dosen im Bunker.“, „Kochen? Nach dieser Nacht brauch ich dringend, was Süßes!“, „Wer kocht? Vielleicht ein Sandwich im Schutzraum!“ oder „Raketen, als Beilage Iron Dome und als Nachtisch Luftalarm!“ kommentiert. Die Gabe, solche Situationen mit Humor zu nehmen, ist bewundernswert.

Der bekannte israelische Komiker Shachar Hasson, erklärte, bei einem seiner Auftritte „Zuerst gab die Hamas uns genaue Uhrzeiten zum Raketenbeschuss an und hielt sich an die Zeitangaben. Einen Tag darauf wurde mit beachtlicher Verspätung bombardiert. Nach drei Tagen kamen die Raketen erst Stunden später. Habt ihr denn nichts gelernt? Zeitpläne einzuhalten, ist das ABC einer Armee? Wo soll das noch hinführen?“.

Der israelische Aktivist und Tierschützer Mishel Taroni, der sich größter Bekanntheit in Israel erfreut, schrieb auf seiner Facebook-Seite: „Die Genauigkeit der Hamas Raketen macht mir langsam Angst … Ich bin panisch und verunsichert und hoffe nur, dass keine Rakete das Haus meiner Schwiegermutter trifft, in der Ortschaft Kfar Saba, Olivenstraße 37, fünfter und letzter Stock.“ – Entwarnung für alle entsetzten Schwiegermamas: Mishel ist natürlich nicht verheiratet.

Das TikTok Video der jungen Shir Carmona aus Ramat Gan setzte dem ganzen das i-Tüpfelchen auf: die hübsche Israelin tanz in den Trümmern ihrer Wohnung zu dem Lied der amerikanischen Britney Spears „Lucky“ zu deutsch „Glücklich“. Zu den Worten „Sie hat so viel Glück, sie ist ein Star, doch sie weint, weint, weint in ihrem einsamen Herzen“, sieht man sie zwischen zerstörten Möbeln und zerbrochenen Fensterscheiben durch das Chaos tänzeln. Auf einem wunderschönen Balkon, mit zahlreichen Israelfahnen geschmückt, schaut sie in die Ferne.

Shir fühlt sich „Glücklich“, nachdem sie den Raketeneinschlag unbeschadet überlebt hat. Video: mit freundlicher Erlaubnis von Shir Carmona.

Es ist eine universelle Sprache, die meist nur von Israelis und jüdischen Einwanderern verstanden wird. Israelischer Humor und Satire sind ein klein wenig wie das auserwählte Volk selbst: direkt, trotzig und etwas übertrieben. Es mag ein dunkler Humor sein, aber er erleuchtet dunkle Zeiten.

Titelbild: „Lachen ist gesund“: überdimensionale Smileys auf dem Bima-Platz in Tel Aviv. Foto: Miriam Alster/Flash90

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