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Siegesinszenierung: Terrororganisation Hamas droht mit neuem Krieg

GAZA, 06.06.2021 (DK) – Mit dem Victory-Zeichen und einem Lächeln auf den Lippen lässt sich der militärische Führer der Hamas, Yahya Sinwar, überall in Gaza-Stadt ablichten. Selbst in seinem eigenen zertrümmerten Büro posiert der 59-Jährige scheinbar gut gelaunt auf seinem Sessel. Die Aussage der neuen Bilder ist klar und deutlich: Sinwar und seine Terrororganisation inszenieren sich als die Sieger des elftägigen Schlagabtausches mit Israel. Das israelische Militär wäre nicht in der Lage gewesen, „die Ressourcen des palästinensischen Widerstands zu zerstören“. Die Waffenruhe sei zudem nur temporär. Der nächste Krieg, so Sinwar selbstbewusst, werde die Verhältnisse in der Region grundlegend verändern. Handelt es sich bei dieser jüngsten Hamas-Kampagne um einen reinen Medienstunt? Vermutlich ja. Dennoch ist auch der Kampf um die Deutungshoheit entscheidend, wenn es darum geht, weiter an Einfluss in der palästinensischen Öffentlichkeit zu gewinnen. 

Hamas schwingt sich zum Retter der Al-Aqsa-Moschee auf

Sinwars Reden in Gaza-Stadt werden immer wieder von lauten „Allahu Akbar“-Rufen unterbrochen. „Unser Volk hat der Besatzung und dem Rest der Welt bewiesen, dass die muslimische Gemeinschaft bereit ist, die Al-Aqsa-Moschee zu verteidigen“, erklärt Sinwar. Gegenüber potentiellen Wählern will er damit vor allem die Illusion aufrechterhalten, die heilige Stätte vor einer vermeintlichen israelischen Übernahme geschützt zu haben. Bezüglich des gesamten Kriegsgeschehens gesteht die Terrororganisation keine Verluste ein. Bereits in der Nacht des Waffenstillstandsabkommen wurde mit Feuerwerken zum Zeichen des Sieges überall in der Küstenenklave gefeiert. Von den 243 Toten ist keine Rede, sondern lediglich von der Bereitschaft, hohe Opfer zu bringen. 

Um die Moral nach den heftigen israelischen Angriffen auf Gaza zu stärken, drehte die Hamas einen kurzen Propagandafilm in einem ihrer unterirdischen Stützpunkte. Israels Behauptung, über 100 Kilometer des Tunnelnetzwerkes seien zerstört worden, soll mit dem Kurzclip untergraben werden. In vollständiger Uniform erklärt ein Mitglied der Hamas, dass zwar ein Teil der unterirdischen Bauten zerstört worden sei, es sich jedoch um einen sehr kleinen Abschnitt handle. Auch Sinwar gab an, dass „weniger als drei Prozent“ der Tunnel dem Bombardement der israelischen Luftwaffe zum Opfer gefallen seien. Der jüdische Staat betonte dagegen, dass bei den Angriffen ein Nerv der Terrororganisation getroffen worden sei. Zunächst war auch von hunderten Hamas-Terroristen die Rede, die bei den Attacken umgekommen seien. Schließlich wurde diese Einschätzung laut israelischer Medienberichte auf einige Dutzend revidiert. Mit den beständigen Attacken auf Gazas sogenannte „Metro“ will Israel auch eine klare Botschaft an die libanesische Hisbollah senden, die ebenfalls Tunnel nach Israel gräbt.

Nicht alle Information dringen an die Öffentlichkeit

Was sich bei dem jüngsten Konflikt tatsächlich zugetragen hat, bleibt bislang weitestgehend unklar. Premierminister Benjamin Netanjahu äußerte bei einigen Medienauftritten undurchsichtig, dass nicht alle getroffenen Ziele in der Öffentlichkeit bekannt gegeben würden. Die Armee habe „der Hamas maximalen Schaden bei einem Minimum an Verlusten in Israel zugefügt“. Doch auch Sinwar gab sich als Geheimniskrämer vor der Kamera. „Wir haben Tel Aviv erschüttert – es gibt viele Dinge, die vor der Öffentlichkeit verborgen sind“, sagte er bei einer Pressekonferenz. Er erklärte weiter: „Wir haben uns nur halb so stark gezeigt, wie wir wirklich sind. Wir haben es geschafft, 130 Raketen auf Tel Aviv bei einem Beschuss abzufeuern.“ 

Während des elftägigen Konflikts im Mai feuerte die Hamas über 4000 Raketen auf israelisches Staatsgebiet. Die meisten Raketen, die auf Tel Aviv und seine Vororte abgefeuert wurden, wurden rechtzeitig abgefangen. Raketeneinschläge ereigneten sich vor allem im Süden des Landes. Insgesamt 13 Israelis kamen aufgrund des Beschusses ums Leben. Bei den Gegenangriffen auf Gaza verloren nach Angaben des Hamas-geleiteten Gesundheitsministeriums 243 Menschen ihr Leben. 

Foto: Yahya Sinwar am 21. Mai auf Siegesfeier in Gaza-Stadt. Quelle: Atia Mohammed/Flash90

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