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Helden ohne Umhang (7) – Rucksack-Touristen helfen als “Kämpfer ohne Grenzen”

von Nadine Haim Gani

JERUSALEM, 04.06.2021 – Drei ehemalige Mitglieder einer Eliteeinheit der israelischen Armee haben das große Potenzial israelischer Rucksack-Touristen erkannt. Die haben oft eine große Motivation für soziales Engagement und möchten arme Gemeinschaften unterstützen. Nicht zuletzt bessern ihre sozialen Einsätze auch das Image Israels und der israelischen Soldaten auf. Tausende von jungen Israelis melden sich jährlich für die Expeditionen unter dem Namen „Kämpfer ohne Grenzen“.

Backpack-Urlaub mit sozialem Engagement

Bis zum Jahr 2020, vor der Ära des Coronavirus, verließen jedes Jahr etwa 40.000 junge Israelis den jüdischen Staat für ihre große postmilitärische Reise. Es ist schon eine Art kultureller Brauch geworden, sich nach dem Militärdienst eine längere Pause im Ausland zu gönnen. Beliebte Ausflugsziele sind Thailand, die Philippinen, Mexiko und andere Länder in Südamerika. 

Gili Cohen, ein ehemaliger Offizier in der Duvdevan-Eliteeinheit, erkannte das enorme Potenzial der großen und permanenten Bewegung junger Menschen, die für längere Zeit die verschiedensten Ziele auf der ganzen Welt ansteuern. 

Die Delegation nach Mumbai wurde auf den Namen Daniel Pomerantz getauft. Daniel wurde in Gaza von Hamasterroristen ermordet. Foto: Mit freundlicher Erlaubnis von “Heroes for Life”/Facebook-Seite

Die Idee wurde im Jahr 2013 in einem jüdischen Chabad-Haus im thailändischen Koh Samui geboren. Gili Cohen und seine Ehefrau waren in einem gemeinsamen Urlaub unterwegs und waren überrascht, als sie Dutzende von hebräischen Schriftzeichen und Botschaften in den Straßen Thailands entdeckten. Hunderte Israelis im örtlichen Chabad-Haus setzte der Idee das i-Tüpfelchen auf. „Ich, dachte, die Anwesenheit so vieler Israelis muss ausgenutzt werden“, erklärt Cohen in einem Interview. „Es fühlte sich an wie ein ausbrechender Ölbrunnen, ohne dass mir jemand einen Eimer vorsetzte, um die Ideen zu sammeln, die aus mir herausbrachen!“.

Vom Offizier zum Kämpfer ohne Grenzen

Die Idee setzte er wenig später mit Yair Attias und Boaz Malkiali um, seinen gleichaltrigen Freunden aus der Armeezeit. Yair und Boaz waren in ihrem Armeedienst ebenfalls Offiziere in der Duvdevan-Eiliteeinheit. Kurze Zeit später entstand das Projekt „Kämpfer ohne Grenzen“. Die Organisation hat eine zionistische Vision, die bereits Dutzende Delegationen mit mehr als 1.000 israelischen Freiwilligen in 16 Länder auf der ganzen Welt geschickt hat. Diejenigen Leute verbringen vor Ort jeweils zwei Wochen zugunsten der Vereinigung und nutzen die Zeit, Kindern zu helfen und sie zu unterrichten, Häuser und gemeinnützige Einrichtungen zu erneuern oder zu sanieren.

Das von der Organisation vorgeschlagene Konzept funktionierte und schlug bei den jungen Israelis ein wie eine Bombe: Statt wie alle anderen jungen Menschen, ihren Urlaub auf den traditionellen „Hummuspfaden“ zu genießen (die meisten jungen Israelis bereisen die gleichen Ziele und Attraktionen wie ihre Freunde und Bekannten) – widmen sich die Ex-Soldaten einem tiefgründigen Urlaub mit universellen humanitären Thematiken, die eine persönliche Verbindung zu den dortigen Anwohnern ermöglicht, ohne die eigene nationale Identität aufzugeben.

Jeder Freiwillige kann ein Ziel aus 16 verschiedenen Ländern wählen, in denen die Organisation aktiv ist. Das Flugticket wird von den Freiwilligen bezahlt, aber alle Verpflegungs-, Unterkunft- und Sicherheitskosten werden von der Organisation finanziert.

Eine junge Freiwillige mit einem kleinen indischen Mädchen. Foto: Mit freundlicher Erlaubnis von “Heroes for Life”/Internetseite 

Die freiwilligen Israelis helfen beispielsweise beim Streichen von Häusern in armen Bevölkerungszentren. Die verschiedenen Einsatzorte sind weit von den touristischen Sehenswürdigkeiten entfernt. Daher entstehen in den Gruppen oft tiefe, fortwährende Freundschaften. Die Gründer der Organisation erzählen gerne, wie durch die Organisation und den freiwilligen Dienst Dutzende Paare zueinander gefunden haben sowie mehrere Hochzeiten zustande kamen. Die Bedingung eines freiwilligen Dienstes im Ausland ist ein dreitägiges Seminar in Israel und ein vorhergegangener sozialer Dienst in einer israelischen Einrichtung

Wunsch nach sozialer Nächstenliebe

Cohen erzählt von dem Schock, den die drei erlitten, nachdem sie die Registrierung für ihre allererste Expedition eröffnet hatten. „Es war wie in einem Film. Das Telefon hörte nicht auf zu klingeln! Dutzende Anmeldungen. Ich erinnere mich, dass wir eine Minute innehielten, uns ansahen und merkten, dass wir hier etwas viel Größeres erreicht hatten, als wir angenommen hatten“. So wurde aus einem kleinen Facebook-Post die erste Delegation geboren, in der Dutzende freiwillige Israelis für zwei Wochen nach Indien reisten. Der Reise ging eine umfassende Vorbereitung und Kontaktaufnahme mit den örtlichen Behörden voraus, um sicherzustellen, dass die Aktivitäten der Freiwilligen für die örtlichen Gemeinden von immensem Wert waren.

Yair Attias erzählt gerührt von einer Delegation in Peru, als sich die Schüler und Freiwilligen in der letzten gemeinsamen Klasse versammelten, um Abschied zu nehmen. Die Kinder des Heimes malten Bilder mit israelischen Fahnen, die mit kleinen Herzen geschmückt waren. „Es ist nur ein Bild“, sagt er, „aber das Gemalte sagt so viel über die Dankbarkeit gegenüber den ehrenamtlichen Helfern und den Wert ihres Engagements in den Augen dieser Kinder aus. Es berührt einen und gibt Kraft, weiterzumachen und auf weiteren Expeditionen zu gehen.“

Kleine und Große Helfer streichen gemeinsam die Hauswand. Foto: Mit freundlicher Erlaubnis von “Heroes for Life”/Facebook-Seite

Bis 2016 war die Organisation nur in Argentinien, Indien und Äthiopien tätig. Bald schlossen sich ihr Akademiker, hochrangige Juristen und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens an, die an die Idee und die drei Gründer glaubten und halfen, Spenden zu sammeln, um die Aktivität auszuweiten. Heute ist die Organisation in fast allen Gebieten tätig, die von jungen israelischen Reisenden aufgesucht werden: Indien, Burma, Nepal, Vietnam, Äthiopien, Uganda, Südafrika, Peru, Brasilien, Argentinien, Panama und Mexiko. Die Aktivität der Organisation ist so schnell gewachsen, dass sich Tausende pro Jahr bewerben. Die Teilnehmerzahl verdoppelt sich jährlich.

Mit Namen gefallener Soldaten 

Als ein Zeichen der Solidarität beschlossen die Gründer der Organisation, das Gedenken an ihre gefallenen Freunde und Kollegen aufrecht zu erhalten. So trägt jede Delegation den Namen eines gefallenen israelischen Soldaten. Die Delegation nach Mumbai im Jahr 2014 wurde nach Daniel Pomerantz benannt, der bei dem grausamen Panzer-Unglück im Stadtteil Sajaiya in Gaza während der Militäroperation „Starker Fels“ getötet wurde. Varda und Avi Pomerantz, die hinterbliebenen Eltern, flogen eigens nach Indien und überraschten die Freiwilligen dort. Boaz Malkiali beschreibt das Treffen der Eltern mit den Freiwilligen als den emotionalsten Moment, an dem er seit der Gründung der Organisation teilhaben durfte.

Besonders ergreifende Momente gab es auch in Äthiopien, als eine junge Freiwillige im äthiopischen Gonder zum ersten Mal in ihrem Leben auf ihre Großmutter traf. In Argentinien begleiten die Freiwilligen der Organisation seit fast einem Jahrzehnt dieselbe Gruppe von Jungen, seit sie kleine Kinder waren. Sogar der Präsident Brasiliens, Jair Bolsonaro, wurde mit dem Hemd der Organisation fotografiert und bedankte sich bei der israelischen Vereinigung, die bei der Renovierung der armen Favelas in Rio de Janeiro mitgeholfen hatte.

Derzeit gibt es 5.000 Teilnehmer pro Jahr, angestrebt werden 15.000. Ein großer Ehrgeiz, der versucht, soziales Engagement und Nächstenliebe grenzübergreifend in der israelischen Gesellschaft zu verwurzeln und der Welt das wahre Image israelischer Soldaten zu zeigen: Helden ohne Grenzen!

Titelfoto: Für die äthiopischen Kinder sind ihre israelischen Freiwilligen Helden. Foto: Mit freundlicher Erlaubnis von “Heroes for Life”/Facebook-Seite

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