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Ausgezeichnete Unteroffizierin kämpft alleine gegen das System

JERUSALEM, 22.06.2021 (NH) – Unteroffizierin Lichay Malka gilt in Israel als Heldin. Als ein Terrorist eine Soldatin mit dem Messer angriff, ging Lichay rechtzeitig dazwischen und feuerte auf den Angreifer. Für ihren Mut erhielt sie einen Orden und wird bis heute als Heldin gefeiert. Doch dann begann ein seelischer Kampf: Das Trauma lies die zur Zeit des Angriffs 19-jährige Soldatin nicht los. Lange versuchte Lichay ihr Trauma von der Rehabilitationsabteilung des Verteidigungsministeriums anerkennen zu lassen, doch traf bei den Beamten auf taube Ohren.

Lichay träumt von Dienst in einer Kampfeinheit

„Ich bin keine Heldin“, erzählt Lichay dem israelischen Fernsehen. Schon als Kind träumte das Mädchen, das in Sderot aufwuchs, in einer Kampfeinheit im Militär zu dienen. Nach einer schwierigen Kindheit verbrachte sie Ihre Jugend in einem Internat. Dort fasste sie den Entschluss, alles zu tun, um ihren Traum zu verwirklichen.

Ende 2014 trat sie in den Kampfdienst des Kedem-Bataillon des Heimatfront-Kommandos ein. Einige Monate später, Oktober 2015, eskalierte die Sicherheitslage in Israel. Lichay und ihre Freundin Dikla Megidish waren am Hizme-Grenzübergang in der Binjamin-Region stationiert um Sicherheitskontrollen durchzuführen, als „Allah Akbar“ Rufe zu hören waren. Der Terrorist sprang ihre Mitsoldatin von hinten an und schlitzte ihr vor Lichays Augen den Hals auf. Lichay entsicherte ihre Waffe, und der Terrorist ergriff die Flucht. Doch das Maschinengewehr hat ein technisches Ladeproblem. Der Angreifer erkannte die Notlage und stürmte auf Lichay zu. Binnen Sekunden entnahm die junge Kämpferin das Magazin, schüttelte es und steckt es zurück in das Maschinengewehr. Sie feuerte mehrere Schüsse auf den Terroristen, doch erst ein Tritt brachte  ihn zu Boden. Ihre Kollegin überlebte das Terrorattentat schwerstverletzt.

Soldatin wird mit Ehrenorden ausgezeichnet

Nach ihrem mutigen Einsatz überreichte der israelische Generalstabschef Lichay für ihren Kampfgeist den Orden und das Ehrenzeichen der israelischen Streitkräfte. Doch in der Jungen Frau sieht es anders aus. Der Terrorist kehrt in nächtlichen Albträumen zurück, die Bilder ihrer blutenden Freundin lassen die 19-Jährige nicht los. Die Soldatin suchte einen Psychiater auf, um von ihrem Trauma zu berichten. Sie erklärte, dass sie halluziniere und in jeder Person eine Gefahr sehe. Doch außer mit ihr verschriebenen Tabletten, wurde Lichay nicht geholfen. Sie beendete ihren Militärdienst und versucht bis heute ihren Lebensalltag zu bewältigen.

Ein Trauma folgt dem Nächsten

Lichay ist heute Mutter einer kleinen Tochter. Das Trauma hat sie nicht bewältigen können. Selbst nach sechs Jahren bangt sie tagtäglich um ihr Leben. Lichay hat Angst, aufgrund einer Traumaattacke denen zu schaden, die ihr am nächsten stehen: ihrem Ehemann und ihrer kleinen Tochter.

Vor acht Monaten wendete sich die junge Mutter zum ersten Mal an das  Verteidigungsministerium. Erst einige Wochen später nahm das Ministerium mit ihr Kontakt auf und im Rahmen der neuen Gesetzesänderungen wurde ihr Anspruch auf psychologische Behandlung zugesprochen. Als Lichay ein weiteres Mal nachhakte, um zu verstehen, wann ihr staatliche Hilfe zugesprochen werde, wurde sie mit der Erklärung abgespeist, es müsse zuerst geprüft werden, ob eine posttraumatische Störung auf das Erlebte zurückzuführen sei. Lichay bricht während eines Interviews mit dem israelischen Nachrichtenkanal N12 in Tränen aus: „Der Stabschef selbst überreichte mir die Auszeichnung für außerordentliche Leistungen. Ich habe mit 19 Jahren jemanden getötet. Was müssen sie hier prüfen?“

Itzik Saidian rüttelte ein ganzes Land wach

Seit dem erschreckenden Fall im April, in dem sich der posttraumatisierte  Itzik Saidian selbst in Brand steckte, versprach das Verteidigungsministerium umgehend neue Reformen zu verabschieden, die die Prozedur zur Anerkennung einer posttraumatischen Belastungsstörung bei ehemaligen israelischen Soldaten beschleunigen und erleichtern soll. Doch in Wirklichkeit ist ein Blick auf die Fortschritte in dieser Hinsicht ernüchternd.

In der Zwischenzeit hat sich aufgrund verschiedener Interviews und des lauten Aufschreis in der israelischen Bevölkerung, das Verteidigungsministerium bei Lichay Malka gemeldet. Es wurde versprochen, ihren Status als traumabelastet Soldatin sofort anzuerkennen und vor einem medizinischen Komitee in den nächsten Tagen den Grad ihrer Behinderung zu bestimmen.

Titelbild: Immer wieder werden israelische Grenzposten zum Ziel terroristischer Attacken. Foto: Olivier Fitoussi/FLASH90

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