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Zwischen Polen und Israel flammt Holocaust-Streit auf

JERUSALEM, 28.06.2021 (DK) – Die diplomatischen Beziehungen zwischen Polen und dem jüdischen Staat sind seit Jahren schwer belastet. Im Mittelpunkt des Konflikts steht eine Meinungsverschiedenheit über Polens Rolle im zweiten Weltkrieg. Jerusalem pocht darauf, dass anerkannt wird, dass es vereinzelt zu Kooperationen zwischen den deutschen Nationalsozialisten und polnischen Bürgern und Organisationen kam. Polen insistiert dagegen auf eine reine Opferrolle während des 2. Weltkrieges. Nun ist der alte Streit anlässlich eines neuen Gesetzes wieder entbrannt. Polen verabschiedete ein Gesetz, nach dem Holocaust-Überlebende und deren Nachfahren nur noch für wenige Jahre während der Nazi-Ära geraubten Besitz gesetzlich entschädigt bekommen. In 30 Jahren läuft die Frist ab. Die Botschafter der jeweiligen Länder wurden zu Treffen einberufen. 

Polens Politik leugnet Mitschuld 

Der zweite Mann im Staat, Jair Lapid, hat den Gesetzesentwurf in einer öffentlichen Mitteilung als „unmoralisch und schändlich“ bezeichnet. „Es ist eine schreckliche Ungerechtigkeit und Schande, die die Rechte von Holocaust-Überlebenden, ihren Erben und Mitgliedern der jüdischen Gemeinden, die in Polen seit Hunderten von Jahren existierten, verletzt“, so der Außenminister weiter. Die polnische Politik reagierte mit Empörung auf seine Rüge. Der polnische Außenminister, Pawel Jablonski, beschuldigte Lapid indirekt die Situation für seine Zwecke zu missbrauchen. “Leider haben wir es hier mit einer Situation zu tun, die bestimmte israelische Politiker für innenpolitische Zwecke ausnutzen“, erklärte Jablonski. 

Wenn es um Entschädigungen von jüdischem Eigentum geht, wird so manches polnische Gemüt erhitzt. Der Kurs der Regierung wird von einem Großteil der Bevölkerung gestützt. Polens Premier, Mateusz Morawiecki, fasste seinen Standpunkt bei einer Pressekonferenz am Freitag noch einmal zusammen: “Ich kann nur sagen, solange ich Ministerpräsident bin, wird Polen nicht für deutsche Verbrechen bezahlen: Weder Zloty, noch Euro, noch Dollar.” Dabei bleibt allerdings ausgeklammert, dass auch immer wieder polnische Staatsbürger an Kriegsverbrechen gegen das jüdische Volk mitgewirkt haben. 

Holland setzt ein Beispiel: Gestohlene Kunstwerke werden zurückgegeben 

Dass es auch anders geht, hat Holland in den vergangenen Tagen bewiesen. Eine Sammlung von über 3000 Kunstwerken, die von den Nationalsozialisten gestohlen wurden und in Holland nach dem Krieg blieb, sollen an ihre ursprünglichen Eigentümer zurück gegeben werden. Ein Komitee zur Untersuchung jedes Werks wird von den Niederlanden im nächsten Jahr finanziert. Sollten die Nachkommen der Eigentümer nicht ausfindig gemacht werden können, wollen die Niederlanden die Werke an jüdische Gemeinschaften und Institutionen überreichen. 

Polen ist im zweiten Weltkrieg zu dem traumatischen Schauplatz für den Völkermord an den Juden durch deutsche Nationalsozialisten geworden. Während in Deutschland vor der Machtergreifung rund eine halbe Million Juden ansässig waren, zählte Polen mit über 3 Millionen zu einer der größten jüdischen Gemeinschaften der Welt. Die meisten großen NS-Vernichtungslager waren auf polnischem Staatsboden. Zudem fanden im ganzen Land Massenerschießungen in den Wäldern statt.

Bild: Polens Botschafter Marek Magierowskiin Jerusalem. Quelle: Yonatan Sindel/Flash90

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