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Israel ruft diplomatische Vertreter aus Botschaft in Warschau ab

JERUSALEM, 16.08.2021 (DK) – Die diplomatischen Beziehungen zwischen Israel und Polen liegen seit langem im Argen. Doch nun hat Warschau endgültig eine rote Linie überschritten: Präsident Andrzej Duda unterzeichnete eine Gesetzesänderung, wonach Entschädigungsklagen über nach dem Zweiten Weltkrieg konfisziertes Eigentum nur 30 Jahre lang möglich sind. Dies betrifft vorrangig die Nachkommen von Holocaust-Opfern. Nicht allein aus Israel erntete Polen scharfe Kritik. Auch die Vereinigten Staaten verurteilten den Schritt des polnischen Parlaments. 

Israels Außenminister bezeichnet Gesetz als “unmoralisch” und “antisemitisch”

Um ihre Empörung geltend zu machen, zog der jüdische Staat diplomatische Vertreter aus der Botschaft in Warschau ab. Da der Regierungswechsel in Israel erst vor wenigen Wochen erfolgt ist, wurde bislang noch kein offizieller Botschafter nach Polen bestellt. Auch Polens Botschafter in Israel, der sich momentan auf Heimaturlaub befindet, wurde empfohlen, seinen Aufenthalt in Europa zu verlängern. Außenminister Jair Lapid appellierte an ihn, seinen Landsleuten die Bedeutung des Holocaust nahezulegen. Das neue Gesetz sei „unmoralisch“ und „antisemitisch“, so der israelische Politiker. „Polen ist heute ein antidemokratisches … Land geworden, das die größte Tragödie in der menschlichen Geschichte nicht würdigt“, fügte er hinzu. 

Warschau nennt Israels Reaktion hysterisch

Polen wehrt sich gegen die starken Vorwürfe. Verschiedene Politiker wiedeholen immer wieder dasselbe Mantra: Ihr Land sei nicht verpflichtet für deutsche Verbrechen zu zahlen. Duda sprach sogar von einer „Reprivatisierungsmafia“, die polnisches Eigentum an sich reiße. Er verspricht sich von dem neuen Gesetz das Ende einer „Ära des rechtlichen Chaos“. Die neue Frist soll auf dem Immobilienmarkt mehr Sicherheit für Grundstücksbesitzer schaffen. Jakub Kumoch, ein politischer Berater des polnischen Präsidenten, sagte gegenüber den Medien, Lapids Reaktion sei „hysterisch und verstößt gegen alle diplomatischen Normen“.

Im Zweiten Weltkrieg ermordeten deutsche Nationalsozialisten sechs Millionen Polen, die Hälfte von ihnen waren Juden. Seitdem kämpfen die beiden Länder um die Deutungshoheit dieser Ereignisse. Nach Ende des Krieges wurden viele Häuser und Grundstücke geflohener und ermordeter Juden von den Kommunisten verstaatlicht. Bis jetzt galt in Polen das Gesetz, dass Enteignete oder deren Nachkommen unter erheblichem bürokratischen Aufwand das Eigentum unbefristet zurückgewinnen können. 

Bild: Polens Präsident Andrzej Duda hält eine Rede bei Holocaust-Gedenkfeier in Auschwitz. Quelle: Yossi Zeliger/Flash90

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