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Das vergessene Leid der jüdischen Vertreibung im Nahen Osten – Drei Schicksalsgeschichten

JERUSALEM, 22.09.2021 (DK) – In Diskussionen zum Nahostkonflikt kommt die Vertreibung von 850.000 Juden aus arabischen Ländern praktisch nie zur Sprache. Als die Gründung des jüdischen Staates im Jahr 1948 bekannt gegeben wurde, folgten im gesamten Nahen Osten Pogrome und die Zwangs-Exilierung der Juden aus ihren Heimatländern. In Ägypten und Irak, ehemals Zentren des jüdischen Lebens in der Region, ist die jüdische Bevölkerung auf gerade mal 20 Religionsvertreter geschrumpft. In Algerien oder Libyen etwa, leben heute gar keine Juden mehr. Dennoch ist niemals ein arabischer Staat für das Schicksal dieser Familien aufgekommen – es wird viel mehr gar nicht zur Sprache gebracht. Anlässlich des Laubhüttenfestes, soll die Geschichte der „Wüstenwanderung“ der Betroffenen erzählt werden. 

Flüchtlings-Tochter wird zur gefeierten Dichterin

Die renommierte israelische Dichterin Lydia Bar-Av wurde im Alter von fünf Jahren gemeinsam mit ihrer Familie aus Lybien vertrieben. Sie war dort in einem kleinen Fischerdorf namens Homs aufgewachsen. Zum Großteil war das Leben für die Juden dort friedlich, doch es sei zur Zeit da ihr Vater jung war durchaus auch zu Pogromen gekommen. Als es zu Israels Staatsgründung kam, musste die Familie ihre Koffer packen und mit einem Schiff nach Israel fliehen. Als sie sich auf den Weg in ihre neue Heimat machten, „erinnere ich mich an Frauen, die auf dem Schiffsdeck jubelten, sangen und tanzten“, erzählte Bar-Av gegenüber der Zeitung Jerusalem Post. Die achtköpfige Familie lebte neun Jahre lang in zwei verschiedenen Flüchtlingslagern. Dort begann die junge Poetin erstmals Tagebuch zu führen, dessen Texte später zur Grundlage ihrer gefeierten Gedichte wurden. 

Ein Auszug aus Ägypten im 20. Jahrhundert

Levana Zamir wurde als Tochter in eine gut betuchte jüdische Familie in Kairo geboren. Zur Zeit ihrer Kindheit war das jüdische Leben in Ägypten „auf dem Höhepunkt des Glanzes“, so Zamir. Doch das sollte sich mit der Staatsgründung Israels ändern. Am 14. Mai 1948 durchsuchte die Polizei die Häuser aller jüdischen Familien und beschlagnahmte die Familien-Druckerei. „Jude zu sein war plötzlich ein Verbrechen“, klagt Zamir und berichtet, wie sie im Jahr 1960 endgültig die arabische Metropole verlassen musste. Sie und ihre Brüder wurden in einem Zeltlager nahe Tiberias untergebracht. Die dürftige Unterkunft wurde während des stürmischen Winters allerdings oft weggerissen. Während des Laubhüttenfestes erinnert sich die Familie jedes Jahr an ihren eigenen Auszug aus Ägypten. 

Von Jemen ins gelobte Land 

Juden im Jemen hatten es oftmals besonders schwer nach ihrer Einreise nach Israel. Für viele war es schwer sich in der westlich geprägten Kultur in Israel einzufinden. Als Yona Bar Ami mit ihrer Familie in einer regnerischen Nacht in Israel ankam, fielen die Männer auf ihre Knie und küssten den Boden. Juden in aller Welt hatten sich nach der Rückkehr ins gelobte Land gesehnt. Doch der Kulturschock war erschreckend und es regnete den gesamten Winter lang in die Zelte. Bar Ami berichtet von dem geschmacklosen Essen, das ihnen von den europäischen Juden serviert wurde. Tragischerweise starb ihr Großvater in dem Flüchtlingslager, bevor ihre Familie ein Haus zum Einziehen fertig stellen konnte. Bar Ami ist heute voller Stolz darüber, selbst Großmutter zu sein. Sie hat drei Kinder und sagt, es sei „eine Freude, meinen Enkeln und Urenkeln zuzusehen, wie sie aufwachsen und wundervolle Dinge tun, jeder auf seine eigene Weise“.

Bild: Jemenitische Juden warten am Flughafen in Aden auf Flugzeug nach Israel am 1. November 1949. Quelle: Kluger Zoltan/Wikicommons

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