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Palästinensische Bewohner in Sheikh Jarrah lehnen Kompromiss des obersten Gerichtshofs ab

JERUSALEM, 03.11.2021 (NH) – Der Rechtsstreit um die Zwangsräumung mehrerer arabischer Familien in Ostjerusalem geht weiter. Ein Kompromissvorschlag des obersten Gerichtshofs Israels wurde jetzt von vier der betroffenen Familien abgelehnt. Den Familien wurde der Vorschlag unterbreitet, für einen Zeitraum von 15 Jahren in ihren Häusern wohnen bleiben zu dürfen. Jedoch nur unter der Bedingung, dass sie den Status geschützter Mieter akzeptieren und nicht als die Grundbesitzer des umkämpften Grundstücks anerkannt würden.

Kompromissvorschlag spaltet palästinensische Familien

Vier der Palästinenser-Familien, denen die Evakuierung droht, lehnten das geschützte Mietverhältnis ab. Die Betroffenen sollten bis Dienstag ihre Entscheidungen bezüglich des Kompromissabkommens fällen. Sieben weitere Familien haben palästinensischen Quellen zufolge den Plan des Gerichts akzeptiert.

Beamte der palästinensischen Autonomiebehörde drängten die betroffenen Familien, das Angebot der israelischen Regierung abzulehnen. Warnungen, dass die Annahme des Kompromisses einen “gefährlichen Präzedenzfall schaffen würde, der sich auf andere arabische Viertel in Jerusalem auswirken wird”, wurden laut. Auch Hamas-Führer Ismail Haniyeh meldete sich aus Gaza zu Wort und forderte von den Familien, nicht auf den Vorschlag einzugehen. Er telefonierte persönlich mit den Betroffenen und drängte sie, das Angebot der israelischen Autoritäten auszuschlagen.

Intensiver Druck aus der palästinensischen Gesellschaft

Nach dem überwältigenden Druck aus den eigenen Reihen hieß es in einer Erklärung der Familien, das Übereinkommen wäre abgelehnt worden. “Der Kompromiss ebnet den Weg für eine schrittweise Beschlagnahmung des Rechts auf unser Land”, hieß es in der Stellungnahme.

Das Ministerium für Jerusalem-Angelegenheiten der palästinensischen Autonomiebehörde erklärte: “Die Besatzungsgerichte sind nur ein Instrument der israelischen Regierung, um ihre Pläne im palästinensischen Staat und in der besetzten Stadt Jerusalem umzusetzen.”

Das Angebot des obersten Gerichtshofes würde das Verfahren, ihre Landbesitzansprüche gerichtlich durchzusetzen, nicht beeinflussen. Der Präzedenzfall dieser vier Familien wird voraussichtlich das Schicksal weiterer 24 palästinensischer Familien beeinflussen.

Zwangsräumung löst weltweite Kontroverse aus

Die geplante Räumung der Häuser im Stadtteil Sheikh Jarrah hat in den vergangenen Monaten für weltweite Empörung gesorgt. Die Kontroverse trug auch zur Militäroffensive im vergangenen Mai mit der Hamas im Gazastreifen bei. Zudem wurde das Viertel immer wieder zum Schauplatz gewalttätiger Auseinandersetzungen zwischen israelischen Sicherheitskräften und radikalen palästinensischen Demonstranten.

Die palästinensischen Familien ließen sich in der Nachbarschaft um Sheikh Jarrah nieder, nachdem sie während des Unabhängigkeitskriegs Israels 1948 aus ihren Häusern flohen. Unter jordanischer Herrschaft in Ostjerusalem tauschten die Familien ihren Flüchtlingsstatus gegen Landbesitz ein. Das Gericht wies im Juni dieses Jahres ortsansässige palästinensische Familien an, ihre Häuser zu verlassen, da es sich bei den Grundstücken um jüdisches Eigentum von vor 1948 handelt.

Titelbild: Die palästinensische Aktivistin Mona el-Kurd und Bewohner des Ostjerusalemer Viertels Sheikh Jarrah bei einer Pressekonferenz. Sie sind gegen den Kompromiss des obersten Gerichtshofs. Foto: Olivier Fitoussi / Flash90

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