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Juden feiern Jerusalem-Tag inmitten großer Spannungen

JERUSALEM, 10.05.2021 (DK) – In den Gebeten religiöser Juden findet Jerusalem jeden Tag Erwähnung. Der Psalmist bringt den Stellenwert der Stadt mit den folgenden Worten zum Ausdruck: „Wenn ich deiner vergesse, Jerusalem, vergesse meine Rechte.“ Der Heiligen Stadt ist sogar ein nationaler Feiertag gewidmet worden. Heute begehen Juden den sogenannten Jerusalem-Tag, der an die Eroberung Ostjerusalems und Wiedervereinigung der israelischen Hauptstadt nach dem Sechstagekrieg erinnert. Traditionell werden zu diesem Anlass in der Altstadt von national-religiösen Juden Märsche organisiert. Hunderte Israel-Flaggen werden jedes Jahr in den engen Gassen geschwenkt. Doch nun werden Befürchtungen laut, dass die Feierlichkeiten inmitten der jüngsten Spannungen hohe Sprengkraft in sich bergen. 

Polizei erwägt Veranstaltungen anlässlich des Jerusalem-Tages abzusagen

Bei der Hauptstadtfrage kochen die Emotionen regelmäßig hoch. Dies ist ein Grund für die jüngsten Auseinandersetzungen in der Jerusalemer Altstadt. Am Sonntagabend war es erneut zu Zusammenstößen zwischen Palästinensern und der israelischen Polizei gekommen. Dabei wurden 25 Demonstranten verletzt. Zur Vermeidung einer Eskalation erwägen die Sicherheitsbeamten die Versammlungen anlässlich des Jerusalem-Tags einzuschränken, wenn nicht gar ganz abzusagen. Vor allem der sogenannte Flaggen-Marsch in der Altstadt könnte zu zusätzlichen Unruhen führen. Amos Gilad, ehemaliger Chef des Militärgeheimdienstes, sagte gegenüber dem Armeeradio, dass der Marsch in diesem Jahr seiner Meinung nach abgesagt werden sollte. „Ich würde alles beseitigen, was zu Reibungen führt. Jerusalem ist derzeit ein Pulverfass, das explodieren könnte“, so Gilad. 

Dazu kommt, dass der internationale Druck auf Israel derzeit stark zunimmt, denn bei den gewaltvollen Protesten in Jerusalem stehen gerade auch Fragen um den Status der Stadt im Mittelpunkt. Präsident Mahmoud Abbas macht sich das Schweigen Israels hinsichtlich einer Genehmigung zum Abhalten palästinensischer Wahlen in Ostjerusalem zunutze. Er hat die Abstimmung einmal mehr unter dem Vorwand hinausgezögert, dass die Wahlen nur mit offizieller Beteiligung der Nachbarschaften in Israels Hauptstadt stattfinden könnten. Die Hamas hat Israels Schweigen zum Freibrief für weitere Gewaltakte gemacht. Auch mögliche Zwangsräumungen in der arabischen Nachbarschaft Sheikh Jarrah haben in den internationalen Medien für Empörung gesorgt.

Menschen versammeln sich für Danksagungs-Veranstaltung an der Klagemauer

Der Jerusalem-Tag fällt im jüdischen Kalenderjahr auf den 28. Ijjar. An diesem Tag im Jahr 1967 hissten Soldaten der israelischen Armee die blau-weiße Flagge auf dem Tempelberg. Zum ersten Mal war es Juden wieder möglich die heiligste Stätte ihres Glaubens aufzusuchen: An der Klagemauer wurde gebetet, gesungen und getanzt. Dieses Ereignis prägte sich vielen Israelis ins Gedächtnis ein. Zum ersten Mal, seit Ostjerusalem sich in jordanischen Händen befunden hatte, war die Heilige Stadt wieder vereint. Auch diesjährig war am Vorabend des Jerusalem-Tages eine Dankes-Kundgebung an der Klagemauer aus diesem Anlass abgehalten worden.

Bild: Am Vorabend des Jerusalem-Tages feiern religiöse Juden die Wiedervereinigung an der Klagemauer. Quelle: Yonatan Sindel/Flash90

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