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Drama in Sheikh Jarrah setzt sich fort – Verschanzte arabische Familie droht mit Sprengung

JERUSALEM, 18.01.2022 (NH) – Eine arabische Familie in Jerusalemer Viertel Sheikh Jarrah hat sich in ihrer Wohnung mit Benzinkanistern und Gasflaschen verschanzt. Sie drohten, sich selbst in Brand zu stecken, sollten sie von den israelischen Sicherheitskräften aus dem Gebäude vertrieben werden. Ein israelisches Sondereinsatzkommando, vergleichbar mit dem amerikanischen SWAT, wurde sofort zum Einsatzort gerufen. Nach Angaben der Jerusalemer Stadtverwaltung soll das Haus zugunsten einer palästinensischen Sonderschule und eines Kindergartens abgerissen werden.

Familie droht mit Selbstmord

Die elfköpfige Familie und andere arabische Jugendliche verbarrikadierten sich auf dem Dach des Gebäudes und drohten, sich mit Gasflaschen in die Luft zu sprengen. Das Familienoberhaupt hielt einen Benzinkanister in der Hand, um sich selbst in Brand zu stecken. SWAT-Kräfte und israelische Spezialeinheiten trafen am Tatort ein, um gewaltsam in das Haus einzudringen und die Familie zum Verlassen des Hauses zu zwingen.

Das Jerusalemer Rathaus und die Polizei erklären, dass die lokalen Behörden den umstrittenen Boden zu Wohle von Bildungseinrichtungen nutzen möchten. Den jetzigen Anwohnern hätte man in der Vergangenheit mehrfach die Möglichkeit unterbreitet, das Grundstück mit der darauf gebauten Immobilie einvernehmlich zu übergeben.

Als jedoch die Beamten in Begleitung israelischer Polizeikräfte vor Ort eintrafen, um die gewaltsame Räumung zu vollziehen, eskalierte die Situation. Arabische Jugendliche schlossen sich dem Protest an. Als Zeichen des Widerstands wurden Matratzen in Brand gesteckt. Ein Verhandlungsteam der Polizei versuchte vergeblich, die gerichtliche Anordnung auf friedliche Weise umzusetzen.

Doch nicht nur palästinensische Anwohner versuchten die Räumung zu verhindern. Europäische Diplomaten, deren Landesvertretung in der Nachbarschaft liegt, trafen ebenfalls am Tatort ein. Ihren Aussagen zufolge seien Zwangsräumungen nach internationalem Recht illegal und würden die Aussichten auf Frieden in der Region untergraben.

Die Unruhen hielten bis in die späten Abendstunden an. Foto: Shalev Shalom/TPS

Gerichtsbeschluss muss gewaltsam umgesetzt werden

Das Jerusalemer Bezirksgericht wies die Familie bereits vor fast einem Jahr an, das Grundstück zu räumen. Seit der Urteilsverkündung versuchte man bei unzähligen Gelegenheiten, wiederholten Verlängerungen, Treffen und Dialogversuchen der Familie eine Abgabe des Grundstücks gegen eine Entschädigung zu ermöglichen – doch ohne Erfolg.

Krisenherd Sheikh Jarrah sorgt für Kontroverse

Seit nahezu einem Jahr steht das Ostjerusalemer Viertel immer wieder im Zentrum des Interesses der Weltöffentlichkeit. Das Wohngebiet war immer wieder in den Schlagzeilen und wurde Schauplatz gewalttätiger Auseinandersetzungen zwischen israelischen Sicherheitskräften und radikalen palästinensischen Demonstranten. Die Kontroverse trug auch zur Gazaoffensive im vergangenen Mai bei.

Nach dem israelischen Unabhängigkeitskrieg ließen sich die palästinensischen Familien in Sheikh Jarrah nieder. Unter jordanischer Herrschaft in Ostjerusalem tauschten sie ihren Flüchtlingsstatus gegen Landbesitz ein. Nach der gerichtlichen Anordnung im Juni 2021 lösten die Rechtsstreitigkeiten zwischen jüdischen Landbesitzern und ihren Erben schwere Unruhen mit den arabischen Bewohnern aus.

Titelbild: Palästinenser stehen mit Gasflaschen auf dem Dach des Hauses, das in Sheikh Jarrah zwangsgeräumt werden soll. Foto: Yonatan Sindel / Flash90

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