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„Mashtuba“-Autos: Der gefährliche Trend auf den palästinensischen Straßen

RAMALLAH, 06.12.2021 (TPS/DK) – Unfälle im Straßenverkehr gehören gerade bei den jüngeren Altersgruppen weltweit zu einer der häufigsten Todesursachen. Vergangene Woche wurde dieses Thema nach einem tragischen Unglück einmal mehr in den Fokus der israelischen Öffentlichkeit gerückt: Halleli, Tov Roi und Malachi Meudad, drei israelische Kinder, die am Freitagnachmittag in der Region Samaria bei einem Autounfall ums Leben kamen, wurden am Samstagabend in Rehovot beigesetzt. Die beiden Eltern liegen noch immer schwer verletzt auf der Intensivstation des örtlichen Krankenhauses. In den Unfall verwickelt war ein palästinensischer Autofahrer, dessen Fahrzeug keine Zulassung hatte. Der Fall wirft das Licht auf ein wenig diskutiertes Problem auf den palästinensischen Straßen: Immer mehr Anwohner kaufen Autos, deren Lizenz in Israel abgelaufen ist, in den angrenzenden Autonomiegebieten für Spottpreise – und gefährden so ihr eigenes und das Leben anderer im Straßenverkehr. 

Minderjährige erwerben billig Fahrzeuge ohne Zulassung

„Mashtuba“ nennen sich die illegalen Fahrzeuge auf arabisch, was im Deutschen so viel wie „ausgelöscht“ bedeutet. Die Nachfrage steigt stetig, denn die Preise beginnen schon bei 140 Euro. Man muss also nicht viel Geld in die Hand nehmen, um einen Wagen zu erwerben, der für den israelischen Markt als zu unsicher gilt. Selbst Minderjährige können so ein Auto ersteigern, da in den illegalen Geschäften für die Käufer zudem keine Altersbegrenzung gilt. Schätzungen zufolge handelt es sich bei rund 60% der Käufer um Jugendliche unter 18 Jahren oder Menschen ohne Führerschein. Viele Besitzer solcher Fahrzeuge brechen bereits in den frühen Morgenstunden zur Arbeit nach Israel auf und kommen erst spät abends wieder nach Hause. Es werden außerdem vorzugsweise Straßen genutzt, auf denen die palästinensischen Sicherheitskräfte nur selten kontrollieren. 

Zehntausende illegale Wagen sind jeden Tag auf den Straßen unterwegs

Ein palästinensischer Sicherheitsbeamter berichtete gegenüber der Nachrichtenagentur TPS, dass das Phänomen nur schwer unter Kontrolle zu bringen sei. Nach Angaben der Palästinensischen Autonomiebehörde sind rund 70.000-80.000 illegale Fahrzeuge auf den Straßen im sogenannten Westjordanland unterwegs. Inoffizielle Schätzungen gehen sogar von 150.000 solcher Wägen aus. Den Polizisten ist es nicht empfohlen, illegale Wägen zu verfolgen, da die Gefahr für die Sicherheitsbeamten selbst als zu hoch eingestuft wird. Sollte es doch zu einer Verfolgung kommen, stellen die Fahrer ihre Schrottwagen ganz einfach am Straßenrand ab und fliehen zu Fuß. Die Geldstrafe beträgt 190 Euro und ist somit höher als der Preis des Autos selbst. 

Für die Regierung in Ramallah und palästinensische Anwohner ist der Trend im sogenannten Westjordanland höchst beunruhigend. Menschen, die in Autounfällen mit „Mashtuba“-Fahrzeugen verwickelt sind, sehen oftmals kein Geld vonseiten ihrer Versicherung. Daten der Autonomiebehörde zeigen zudem auf, dass im Jahr 2017 40 Araber bei Verkehrsunfällen mit illegalen Autos getötet wurden. Palästinensische Versicherungsgesellschaften schätzen, dass mehr als 3% aller gemeldeten Unfälle durch diese Fahrzeuge verursacht wurden. „Mashtuba“-Autos von den Straßen zu zwingen gehört somit auch zur Aufgabe der Polizei, Leben zu schützen. 

Bild: Ein „Mashtuba“-Auto nach einem Verkehrsunfall. Quelle: Aharon Malter/TPS

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