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Jerusalems zweite goldene Kuppel steht vor dem Abriss – zu Recht?

JERUSALEM, 17.01.2021 (NH) – Seit einigen Monaten ragt über der Jerusalemer Skyline eine zweite goldene Kuppel. Von Talpiot, dem zentralen Industriegebiet der Heiligen Stadt, ist das glänzende Kunstwerk kaum zu übersehen. Was auf den ersten Blick sehr an den Felsendom erinnert, ist in Wirklichkeit die 74-Jahre alte Al-Rahman-Moschee, die in den letzten Monaten ein weiteres Stockwerk oder besser gesagt eine goldene Kuppel erhalten hat. Der prunkvolle Anbau wurde jedoch ohne entsprechende Genehmigungen durchgeführt. Jetzt wurde auf Druck national-religiöser Gruppen der Abriss des neuen Obergeschosses angeordnet.

Friedliche Nachbarschaft in Gefahr

Zwischen den jüdischen Stadtteilen Pat und Gilo, Malcha und Har Homa, am südlichen Rand von Jerusalem liegt das arabische Dorf Beit Safafa. Das Zusammenleben zwischen den jüdischen und arabischen Bewohnern ist ruhig und friedlich. Vielleicht ist gerade deshalb die Entscheidung der Jerusalemer Verwaltung überraschend. Demnach soll die Kuppel, welche ohne Genehmigung oder zertifizierte Ingenieure gebaut wurde, abgerissen werden. Die Stadtverwaltung äußerte Bedenken bezüglich des illegalen Anbaus, der in ihren Augen ein enormes Sicherheitsrisiko darstellt. Doch basiert das Risiko nicht nur auf der baulichen Ebene, sondern in den Augen der jüdischen Nachbarn auch auf der religiösen.

Moslemische Gemeindevorsteher fechten Abriss an

Muhammad Alian, der Gemeindevorsteher der Moschee, erklärte, dass die Jerusalemer Stadtverwaltung ihn und andere Vorsteher mündlich über den drohenden Abriss informierte. Demnach sollen sich jüdische Anwohner von der Kuppel gestört fühlen und die Moschee als „potenzielle Quelle der Gewalt“ ansehen. Muhammad Alian versucht nun, den Beschluss rechtlich anzufechten. Die Bewohner von Beit Safafa und anderen arabischen Stadtvierteln erklären, dass sie keine andere Wahl haben, als illegal zu bauen. Eine Baugenehmigung in Jerusalem zu erhalten, erweise sich als extrem schwierig.

Eklat um illegalen Renovierung der Moschee in Beit Safafa. Die goldene Kuppel ist eine Nachbildung des Felsendoms. So könnte das Gebiet bald als heilig und unzugänglich für Juden erklärt werden. Foto: Fokus Jerusalem

Ikonischer Felsendom als Vorbild – auch dessen Ideologie?

Während der weltbekannte Felsendom über der Jerusalemer Westmauer mit 5.000 echten Goldplatten verkleidet ist, die der verstorbene jordanischen König Hussein finanzierte, wurde das kleinere Abbild, die Al-Rahman-Moschee, nur mit goldener Farbe gestrichen. Der ikonische Felsendom gab die Inspiration zum architektonischen, kleineren Nachbau. Die Al-Rahman-Moschee in Beit Safafa wurde 1948 ohne Baugenehmigung vor der Staatsgründung Israels erbaut und ist eine von insgesamt vier Moscheen in dem arabischen Viertel. In den letzten Monaten wurde das Gebetshaus durch Spenden renoviert. In den Augen national-religiöser Gruppen sind die beiden Kuppeln zwar unterschiedlich groß, doch verfolgen sie die gleiche Ideologie: ein nur für Muslime zugängliches Terrain zu schaffen.

Nach Mekka und Medina wurden auch der Tempelberg und Felsendom zu islamischen Heiligtümern erklärt und somit für Juden unzugänglich gemacht. Zudem wurde jegliche historische Verbindung des Judentums zu der heiligen Stätte verleugnet. Scheich Raed Zalach und Scheich Akrima Zabri, versuchen nach Matan Pelegs Erklärung, dem Vorsitzenden der zionistischen „Im-Tirtzu“ (zu deutsch: „Wenn Ihr Wollt“) – Bewegung, weitere islamische Stätten in Jerusalem zu bauen. Mit der goldenen Kuppel auf der Al-Rahman-Moschee inmitten von jüdischen Nachbarschaften, könnte sich so das neue Heiligtum schon bald zu einem Stützpunkt radikalislamischer Ideologie und Gewalt werden.

Toleranz gleicht “Selbstmord”

Die Meinungen der jüdischen Nachbarn bezüglich des Kuppel-Abrisses gehen auseinander. Während einige die Toleranz im Namen der Religionsfreiheit loben, befürworten andere den Abriss. Die religionsbasierten Machtspiele der moslemischen Nachbarn bergen Gefahren hinsichtlich der Anerkennung Israels. Die gefährliche Toleranz stellt in den Augen einiger einen “Selbstmord” der jüdischen Gesellschaft dar.

Titelbild: Renovierung oder Unterwanderung des Staates Israel: Die Al-Rahman-Moschee in Beit Safafa. Foto: Fokus Jerusalem

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