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Polizei der illegalen Überwachung von Zeugen im Netanjahu-Prozess angeklagt

JERUSALEM, 06.02.2022 (DK) – Die Mobiltelefone zwei wichtiger Zeugen im Gerichtsverfahren gegen den ehemaligen Regierungschef Benjamin Netanjahu sind Berichten zufolge gehackt worden. Ausgerechnet die Polizei soll hinter der illegalen Spionage stecken. Auch die Staatsanwaltschaft steht unter Verdacht, sich die Informationen zunutze gemacht zu haben. Der Verteidigung von Netanjahu spielt dieser Vorfall in die Hände. Auf Twitter schrieb der Ex-Premier, es handle sich bei den Berichten um ein „Erdbeben“. Er warf den Polizeiermittlern zudem vor, sie hätten „sich illegal in Telefone gehackt, um einen mächtigen rechtsgerichteten Ministerpräsidenten zu stürzen.” Für Netanjahu und seine Wählerschaft bestätigt sich mit den jüngsten Erkenntnissen ihr langer Verdacht, bei dem Korruptionsprozess handle es sich um eine von den Medien und linken Politikern fabrizierte “Hexenjagd”. Der Likud-Abgeordnete Yariv Levin rief das Gericht sogar dazu auf, das Verfahren ganz einzustellen. 

Polizeiliche Überwachung ohne gerichtliche Genehmigung

Bereits Anfang dieses Wochenendes berichteten die israelischen Medien, die Polizei hätte das Handy des wichtigsten Zeugen, Shlomo Filber, einem ehemaligen Vertrauten Netanjahus, mit einer Spionagesoftware gehackt. Bei einer Sendung im Fernsehsender Kanal 13 hieß es jetzt, dass das Smartphone eines zweiten Zeugen, Shaul Elovitch, auch überwacht worden war. Ein amtlicher Gerichtsbeschluss lag dazu aber nicht vor. Beide Männer sollen in dem schwerwiegendsten Fall gegen den Premier aussagen: Netanjahu wird verdächtigt während seiner Zeit als Premierminister politische Entscheide vorangetrieben zu haben, die Elovitch, dem ehemaligen Vorsitzenden des größten Telekommunikationsunternehmen Israels, finanziell zugute kamen. Im Gegenzug erhielt Netanjahu angeblich die Kontrolle über die Redaktion der Walla-Nachrichtenseite, eine der größten Zeitungen des Landes. Noch haben sich weder Filber noch Elovitch gegenüber den Medien offiziell zu dem Spionage-Skandal geäußert. Auf Twitter schien Filber die Sache jedoch mit Humor zu nehmen: „Meine Frau sagte: ‚Endlich hört dir mal jemand zu.’“

Staatsanwaltschaft soll über illegale Spionage informiert gewesen sein

Netanjahu wird von der israelischen Staatsanwaltschaft nicht nur der Bestechlichkeit, sondern auch der Untreue und des Betrugs angeklagt. Es sieht ganz so aus, als würde auch die Staatsanwaltschaft nicht mit fairen Mitteln spielen. Ein weiterer lokaler Fernsehsender, Kanal 12, zitierte einen hochrangigen Polizeibeamten im Bezug auf die illegale Überwachung der Mobiltelefone von Filber und Elovitch: “Das alles war der Staatsanwaltschaft bekannt. Es handelt sich nicht nur Filber. Es gab andere, und alles wurde mit ihrer Zustimmung und Genehmigung getan.” Die Aussage des ungenannten Beamten widerspricht direkt den Beteuerungen der Staatsanwaltschaft, die alle Vorwürfe dementierte. Das Jerusalemer Bezirksgericht hat den Staatsanwälten jetzt bis Dienstag Zeit gegeben, sich zu dem Vorfall zu äußern. 

Die Ermittlungen gegen die Polizei werden so um einen weiteren Fall ausgeweitet. Es ist bereits eine Untersuchung eingeleitet worden, die den illegalen Einsatz von Spionagesoftware gegenüber israelischen Staatsbürgern genauer in Augenschein nehmen will. Dabei handelt es sich allerdings primär um Gegner von Netanjahu, die scheinbar ohne ihr Wissen unter polizeilicher Überwachung standen. Um die Sache noch komplizierter zu machen, stellte sich heraus, dass der ehemalige Staatsanwalt Avichai Mandelblit, der Netanjahu vor Gericht brachte, eine Investigation des Spionagevorwurfs blockiert haben soll. Noch bleiben viele Details in diesem Fall unklar.

Bild: Shlomo Filber kommt bei einer Anhörung im Tel Aviver Gericht an. Quelle: Flash90

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