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Israel bereitet sich auf Masseneinwanderung vor – Ramallah schweigt zur Ukraine-Invasion

JERUSALEM, 28.02.2022 (DK) – Die Augen der ganzen Welt sind auf die Kämpfe in der Ukraine gerichtet. Während die Invasion im Westen scharfe Reaktionen hervorruft, äußern sich Länder im Nahen Osten nur vorsichtig. Niemand will sich derzeit mit dem Chef im Kreml anlegen, da Russland zu einer bestimmenden Macht in der Region geworden ist. Als das einzige demokratische Land mit guten Beziehungen zu beiden Konfliktparteien, ist Israel in die Auseinandersetzung mit hinein gezogen worden. Der jüdische Staat plädiert in erster Linie für eine friedliche Beilegung des Konflikts. Bei einem Telefonat mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin bot Israels Premier Naftali Bennett Jerusalem als Ort der Vermittlung an. Es scheint jedoch, dass die Friedensgespräche vorerst in Belarus stattfinden werden. Indes bereitet sich die israelische Regierung auf eine Massenimmigration vor. 

Israel erwartet rund 10.000 Flüchtlinge in kommenden Wochen

Die Organisation “Jewish Agency for Israel”, die Juden in der Diaspora mit Immigrationsanträgen hilft, hat innerhalb weniger Tage über 5000 Anfragen ukrainischer Juden erhalten, nach Israel einzureisen. Derzeit arbeitet die Organisation daran, Stationen in der Ukraine aufzubauen, bei denen sich Juden oder Menschen mit jüdischer Abstammung melden können. Nach israelischem Recht ist eine Einwanderung jedem gestattet, der mindestens ein jüdisches Großelternteil nachweisen kann. Schätzungen zufolge, können ungefähr 200.000 Ukrainer derzeit Anspruch auf die israelische Staatsbürgerschaft erheben. Das Immigrationsministerium bereitet sich auf die Ankunft von rund 10.000 Flüchtlingen vor. Ihnen sollen finanzielle Hilfe und vorläufige Unterkünfte geboten werden. 

Während Israel mitten im diplomatischen Schachspiel steckt, ist von ihren palästinensischen Nachbarn auffällig wenig zu hören. Seit Jahren pflegt die palästinensische Autonomiebehörde enge Beziehungen zum Kreml. Ramallah drückte in einer verhaltenen Mitteilung seine “Sorge” über die Situation in der Ukraine aus – Russland oder die Invasion fand jedoch keine Erwähnung. Palästinenser in der Ukraine wurden von der Behörde aufgefordert, das Land umgehend zu verlassen. Während die Politik Russland nicht vor den Kopf stoßen will, fürchten sie gleichzeitig Widerstand in der Bevölkerung, sollten sie sich offen zu Putin bekennen. Die palästinensische Bevölkerung sympathisiert weitestgehend mit der Ukraine. 

Terrororganisation Hamas unterstützt russische Invasion

Die Terrororganisation Hamas, die im Gazastreifen regiert, schlug sich dagegen klar auf die russische Seite. Der hochrangige Hamas-Beamte Mousa Abu Marzouq schrieb auf Twitter: „Die wichtige Lehre aus dem russisch-ukrainischen Krieg ist, dass die Ära der alleinigen Vorherrschaft der USA zu Ende ist. Die USA waren nicht in der Lage, Russland den Krieg zu erklären; diejenigen, die keinen Krieg erklären können, werden nicht die internationale Agenda bestimmen. Von jetzt an können wir beginnen, über die Zukunft der Zionisten zu sprechen.“ In einer palästinensischen Zeitung, die als ein Sprachrohr der Hamas gilt, hieß es in einer Kolumne: „Bitte Gott, möge Putin einen entscheidenden Sieg erleben, der ihn dazu ermutigt, in weitere europäische Länder einzudringen.“ Der Journalist Fayez Abu Shemala schrieb wenig später auf Twitter: „Ich hoffe, dass die Stadt London dasselbe Schicksal erleiden wird“.

Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem warnt vor Rhetorik der “Entnazifizierung”

Bei Russlands Invasion der Ukraine spielt Ideologie eine große Rolle. Während die Hamas mit Russland eine Agenda gegen die westlichen Großmächte teilt, spielt Putin auch immer wieder auf Russlands historische Sonderrolle an. Gerade der zweite Weltkrieg findet in diesem Zusammenhang oft Erwähnung. Die israelische Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem hat sich jetzt klar gegen die Rhetorik der angeblichen “Entnazifizierung” der Ukraine ausgesprochen. Begriffe aus der Zeit des deutschen Nationalsozialismus in diesem Zusammenhang zu verwenden, verfälscht Geschichte. Auch auf ukrainischer Seite fand diese Rhetorik Verwendung. Nach der Invasion veröffentlichte die Regierung in Kiew eine Karikatur auf der Hitler Putin sein Einverständnis gibt. Das Museum verurteilte die “Trivialisierung des Holocaust” von beiden Seiten. 

Bild: Israelis in Tel Aviv protestieren gegen die Invasion der Ukraine. Quelle: Tomer Neuberg/Flash90

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