Älteste hebräische Inschrift identifiziert
JERUSALEM, 27.03.2022 (MS) – Der bisher älteste hebräische Text wurde auf einem Amulett entziffert, das etwa 3000 Jahre alt sein soll. Das kleine Amulett wurde aus Blei gefertigt und bereits 2019 auf dem Berg Ebal in Samaria gefunden. Das einzigartige Fundstück lag in dem Müll verborgen, den das archäologische Team damals auf dem Berg Ebal hinterlassen hatte. Die Forscher bemerkten, dass das Amulett etwas enthielt und schickten es nach Prag, wo Spezialisten ein dreidimensionales Bild des Fundstücks erstellten. Zusammen mit Wissenschaftlern von Universitäten aus Israel, Deutschland und der Tschechischen Republik konnte das Team nach jahrelanger Arbeit den gesamten Text entschlüsseln.
Ein Fluch
Die Inschrift im Amulett besteht aus 23 Worten und 40 Buchstaben, die einen Fluch aussprechen. Der Text lautet,
„Verflucht, verflucht, verflucht – verflucht von Gott JHW. Du wirst verflucht sterben. Verflucht wirst du sicher sterben. Verflucht von JHW – verflucht, verflucht, verflucht.“
Was genau der Zweck des Amuletts war, ist noch nicht ganz klar, aber der Ort, an dem es gefunden wurde, ist sehr signifikant. Im 27. Kapitel des fünften Buch Mose versammelt das Volk Israels und befiehlt ihnen:
„Und Mose gebot dem Volk an jenem Tag und sprach: Diese sollen auf dem Berg Garizim stehen, um das Volk zu segnen, wenn ihr über den Jordan gegangen seid: Simeon, Levi, Juda, Issaschar, Joseph und Benjamin. Und diese sollen auf dem Berg Ebal stehen, um zu verfluchen: Ruben, Gad, Asser, Sebulon, Dan und Naphtali. Und die Leviten sollen das Wort ergreifen und zu allen Männern Israels mit lauter Stimme sagen:
Verflucht sei, wer ein geschnitztes oder gegossenes Bild macht, das dem Herrn ein Greuel ist, ein Machwerk von Künstlerhand, und es heimlich aufstellt! Und das ganze Volk soll antworten und sagen: Amen! Verflucht sei, wer seinen Vater und seine Mutter verachtet! Und das ganze Volk soll sagen: Amen!“
(5. Mose 27, 11 – 16)
Es folgen noch zehn weitere Verse mit Flüchen, die auf dem Berg Ebal ausgesprochen wurden. Später, als Josua den Berg Ebal erobert hatte, führte er Moses Befehle aus:
„Damals baute Josua dem Herrn, dem Gott Israels, einen Altar auf dem Berg Ebal, so wie Mose, der Knecht des Herrn, es den Kindern Israels geboten hatte, wie es geschrieben steht im Buch des Gesetzes Moses…
Und ganz Israel samt seinen Ältesten und Vorstehern und Richtern stand zu beiden Seiten der Lade, den Priestern und den Leviten gegenüber, welche die Bundeslade des Herrn trugen, die Fremdlinge wie auch die Angehörigen des Volkes; die eine Hälfte gegenüber dem Berg Garizim und die andere Hälfte gegenüber dem Berg Ebal, wie Mose, der Knecht des Herrn, zuvor geboten hatte, das Volk Israel zu segnen. Danach las er alle Worte des Gesetzes, den Segen und den Fluch, alles, wie es im Buch des Gesetzes geschrieben steht. Es war kein Wort von allem, was Mose geboten hatte, das Josua nicht gelesen hätte vor der ganzen Gemeinde Israels, auch vor den Frauen und Kindern und den Fremdlingen, die in ihrer Mitte lebten.“
(Josua 8, 30 – 35)
Wofür wurde das Amulett benutzt?
Die Wissenschaftler konnten zwar den Text entziffern, aber nicht erklären, was der Zweck des Amuletts war. War es eine Erinnerung an die Ereignisse auf dem Berg Ebal? Gehörte es zu einer Art Tempel, der auf diesem wichtigen Ort stand? Bisher gibt es noch keine Antworten auf diese Fragen, aber die Forscher wollen Ende dieses Jahres einen Bericht über ihre Arbeit veröffentlichen, in dem sie möglicherweise mehr über den Fund erzählen können.
Das Amulett ist jedoch ein weiteres Detail, das die Erzählung der Bibel stützt, und auch ein weiteres Fundstück der jüdischen Geschichte in Samaria, dem sogenannten Westjordanland, das Israel angeblich besetzt hält.
Titelbild: Die Samariter versammeln sich auf dem Berg Garizim und schauen auf den Berg Ebal auf der anderen Seite des Tals. Nasser Ishtayeh/Flash90