Gefährliches Spiel mit der Hisbollah: Gasabkommen zwischen Israel und dem Libanon steht kurz vor Unterzeichnung
JERUSALEM, 03.10.2022 (LS) – Premierminister Lapid hat angekündigt, in Kürze ein Gasabkommen mit dem Libanon unterzeichnen zu wollen. Als wichtigsten Vorteil nannte er die Sicherheit an der Grenze im Norden, während Israel gleichzeitig Lizenzgebühren erhalten wird.
Der US-Energiebeauftragte Amos Hochstein, der im vergangenen Jahr wiederholt zwischen Beirut und Jerusalem hin- und hergereist ist, um über das Abkommen zu verhandeln, hat beiden Seiten am Wochenende einen Vorschlag für ein Abkommen über wirtschaftliche Gewässer vorgelegt.
Was steht im Vertrag?
Das Abkommen sieht vor, dass Israel das gesamte Dreieck der Wirtschaftsgewässer abtritt, das zwischen 2012 und 2021 mit dem Libanon umstritten war, nicht aber das erweiterte Dreieck, das der Libanon Anfang 2021 forderte. Außerdem wird dem Libanon gestattet, das gesamte Kana-Feld zu erschließen, das sich im Süden in israelische Gewässer erstreckt.
Die Vereinbarung über die Lizenzgebühren wird im Voraus zwischen Israel und dem Gaskonsortium unter der Leitung des französischen Energieunternehmens Total ausgearbeitet. Dieses besitzt die libanesische Lizenz für die Förderung von Gas aus dem Kana-Feld. Es handelt sich um eine Vereinbarung darüber, wie die Entschädigung für Israel berechnet wird, da die Exploration noch nicht begonnen hat und die Menge des Gases noch unbekannt ist.
Darüber hinaus beinhaltet das Abkommen die Anerkennung der von Israel so genannten „Bojenlinie“, die sich von Rosh Hanikra an der Grenze zum Libanon 5 km ins Meer erstreckt. Ein hochrangiger diplomatischer Vertreter erklärte, die Linie sei diplomatisch angreifbar, weil Israel sie einseitig als eine Zone festgelegt habe, die für den jüdischen Staat notwendig sei, um Handlungsfreiheit für seine Sicherheit zu haben. Das Abkommen mit Libanon werde diese Linie in internationalem Recht verankern.
Lapid ist der Meinung, nach der Beilegung des seit über einem Jahrzehnt andauernden Grenzstreits mit dem Libanon werde Israels Norden sicherer sein. Israel könne nun beginnen, Gas aus dem Karish-Reservoir, das an das umstrittene Gebiet angrenzt, zu fördern. Dies werde Israel mehr Geld und Energiesicherheit bringen, so Lapids Argumentation.
Die endgültigen Einzelheiten des Abkommens werden noch erörtert und von Rechtsberatern sowie von Verteidigungsminister Benny Gantz, dem stellvertretenden Premierminister Naftali Bennett und Generalstaatsanwalt Gali Baharav-Miara geprüft, bevor sie am Donnerstag in einer Sitzung des Sicherheitskabinetts vorgestellt werden.
Politiker und Terroristen
Premierminister Yair Lapid hält den Deal für einen diplomatischen Sieg und argumentiert, dieses Abkommen schwäche die Abhängigkeit des Libanons vom Iran. Oppositionsführer Benjamin Netanjahu hingegen behauptet, Lapid habe alle Forderungen des Libanons erfüllt und damit die Sicherheit Israels gefährdet.
Ein Abkommen mit dem Libanon ist immer auch ein Abkommen mit der Hisbollah, die über das Land herrscht. Dementsprechend erklärte ein israelischer Unterhändler, Hisbollahführer Nasrallah sei zwar nicht direkt an den Verhandlungen beteiligt gewesen, doch habe man „seine Position berücksichtigt“.
Titelbild: Die Gasfelder im Mittelmeer haben eine wichtige strategische Bedeutung. Foto: Flash90