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Christliche Kirchen weltweit über möglichen Umzug der britischen Botschaft nach Jerusalem in Aufruhr

JERUSALEM, 11.10.2022 (NH) – Die christlichen Kirchenverbände in Jerusalem zeigen sich sichtlich bestürzt, ein Aufschrei der „Besorgnis“ ertönt auch vom Erzbischof aus Canterbury und Erzbischof von Westminster. Doch was hat die christlichen Geistlichen so in Aufruhr versetzt?

Umzug der britischen Botschaft nach Jerusalem

Tatsächlich sorgte einzig und allein die Erwägung der britischen Premierministerin Mary Elizabeth Truss, die britische Botschaft nach Jerusalem zu verlegen, für Angst und Schrecken unter den Oberhäuptern der anglikalen und katholischen Kirche. In einem Einschreiben und auf Onlineplattformen sprachen sich zwei der führenden Geistlichen Englands vehement gegen einen möglichen Umzug der britischen Repräsentanz in die israelische Hauptstadt aus. Der Erzbischof von Westminster und Präsident der katholischen Bischofskonferenz von Wales und England, Kardinal Vincent Nichols, drückte seine tiefe Besorgnis über den möglichen Schritt der Premierministerin aus. Der Kardinal erklärte in seinem Einschreiben, dass ein Umzug der Botschaft „jede Möglichkeit eines dauerhaften Friedens in der Region und das internationale Ansehen des Vereinigten Königreichs ernsthaft untergraben würde“.

Auch das Oberhaupt der anglikanischen Kirche, der Erzbischof von Canterbury, Justin Welby, zeigte sich besorgt über mögliche Auswirkungen, die der geplante Umzug von Tel Aviv nach Jerusalem mit sich ziehen könnte. „Er steht in Kontakt mit christlichen Führern im Heiligen Land und betet weiterhin für den Frieden Jerusalems“, erklärte ein Sprecher des Bischofs in einer seltenen Intervention.

Aufruhr auch in Jerusalem

Den Vorbehalten der britischen Geistlichen schließen sich ihre christlichen Kollegen in Jerusalem an. Jerusalemer Patriarchen und Kirchenoberhäupter zeigen sich gegenüber einem möglichen Umzug in die „umstrittene und heilige Stadt“ äußerst betroffen. Die Kirchenführer äußerten am Montag ihre „ernste Besorgnis“ über die Ankündigung der Premierministerin. Der Rat der Patriarchen und Kirchenoberhäupter in Jerusalem „vertritt alle Konfessionen der Stadt“. Daher sei es unerlässlich, „den religiösen Status quo in Jerusalem aufrechtzuerhalten, um die Harmonie und guten Beziehungen zwischen den Religionsgemeinschaften auf der ganzen Welt zu bewahren“. Des Weiteren befürchten die Jerusalemer Geistlichen mit dem Umzug der britischen Botschaft eine Akzeptanz der „militärischen Besatzung“ Israels und der „einseitigen Annexion“ Ostjerusalems.

Gespräche über eine Verlegung der Botschaft wurden auch vehement von der Arabischen Liga verurteilt.

Nach Trump jetzt auch Truss?

Der ehemalige US-Präsident Donald Trump löste 2017 eine weltweite Kontroverse aus, nachdem er offiziell angekündigt hatte, die amerikanische Botschaft nach Jerusalem zu verlegen. Damals versammelten sich alle 13 Kirchenführer in Jerusalem, um gegen die Ankündigung des amerikanischen Präsidenten zu protestieren. Der Plan Trumps, den er selbst als „längst überfällige Anerkennung der Realität“ bezeichnete, wurde ein Jahr später in die Tat umgesetzt. Der Umzug der US-Präsenz nach Jerusalem wurde international kritisiert und als „Missachtung des Völkerrechts“ verurteilt.

Bis heute zeigen nur die USA, Kosovo, Honduras und Guatemala internationale Regierungspräsenz in der jüdischen Hauptstadt. Die übrigen Botschaften befinden sich in Tel Aviv.

Ob die britische Premierministerin in Trumps Fußstapfen treten wird und somit die Souveränität Israels über Jerusalem offiziell anerkennt, wird sich zeigen.

Titelbild: Alle christlichen Patriarchaten von Jerusalem treffen sich zu Ehren des 100. Jahrestages des Völkermords an den Armeniern zum gemeinsamen Gebet in der Grabeskirche in der Altstadt von Jerusalem. Jetzt verurteilen die Geistlichen den möglichen Umzug der britischen Botschaft in die Hauptstadt. Foto: Hadas Parush/Flash90    

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