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Jeder vierte Israeli unter der Armutsgrenze

JERUSALEM, 13.12.2022 (NH) – Die meisten Menschen sind es gewohnt, einen Supermarkt zu besuchen, um die Nahrungsmittel zu kaufen, die für die kommenden Tage benötigt werden. In der heutigen Zeit genießen jedoch nicht mehr alle Mitbürger dieses Privileg. Der jährliche Saisonbericht der privaten Organisation „Latet“ veröffentlicht jetzt die bestürzende Zahl von 2,6 Millionen Israelis, die unter Ernährungsunsicherheit leiden.

27,8 % der Gesamtbevölkerung Israels lebt in Armut

Laut dem Bericht von „Latet“, Israels größter Nichtregierungsorganisation gegen Armut, leben mehr als 2.627.000 Menschen in ärmlichen Verhältnissen – mindestens 1.176.000 davon sind Kinder, 830.000 Familien leiden zeitweise an Hunger. Das bedeutet 131.000 Familien mehr im Vergleich zu den Zahlen vor der Coronapandemie. Bei der traurigen Statistik gaben 38,4 % an, dass ihre Kinder zeitweise hungern. Die Familien müssen aus finanziellen Gründen Mahlzeiten reduzieren und oft sogar auslassen.

680.475 israelische Familien berichten davon, dass sie in Ernährungsunsicherheit leben. Fast die Hälfte davon lebt demnach in akuter Ernährungsunsicherheit. Sobald es einer Person oder Familien nicht mehr möglich ist, sich mit grundlegenden Lebensmitteln zu versorgen, spricht man von einer „Ernährungsunsicherheit“.

Armut bei Bildungschancen

Die neue Studie deutet auch auf Ungleichheiten im israelischen Bildungssystem hin. Etwa 57,5 % der Familien in Israel, die Anspruch auf Sozialhilfe haben, können ihre Kinder im Alter von 0 bis 3 Jahren in keiner frühpädagogischen Einrichtung unterbringen, da sie die Zahlungsanforderungen schlichtweg nicht erfüllen können.

Mehr als 72,6 % gaben an, dass sie aufgrund finanzieller Schwierigkeiten auf den Kauf von Lehrbüchern für ihre Kinder verzichten mussten. Die Ungleichheiten im Bereich der Bildungschancen verschreiben damit einen dramatischen Anstieg von 25,5 % gegenüber dem Jahr 2020.

Auch bei außerschulischen Aktivitäten sowie Schulausflügen nehmen etwa 78,6 % der Kinder aus sozial schwachen Familien nicht teil. Trotz staatlicher finanzieller Unterstützung können sich die Eltern die Ausgaben nicht leisten.

Altersarmut boomt trotz staatlicher Reformen

Die erschütternden Daten dokumentieren, dass 75,6 % der Senioren des Landes de facto in Armut leben. Eine zusätzliche Reform der Einkommensbeihilfe, die ältere Menschen im Rentenalter über die Armutsgrenze bringen sollte, bewirkte der Statistik zufolge sehr wenig. Die staatlichen Zulagen sind im Vergleich zu den horrenden Lebenshaltungskosten in Israel relativ niedrig und ermöglichen den Betroffenen kein würdevolles Dasein.

Die Analyse zeige auch, dass für 69,4 % der älteren Generation die Nahrungsversorgung nicht sicher ist – 36,5 % aller israelischer Senioren leben demnach in akuter Ernährungsunsicherheit. Fast 61 % der Senioren berichten, dass sie sich weder den Kauf von Medikamenten noch medizinische Behandlungen leisten können.

Regierung muss Versprechen erfüllen

Eran Weintraub, Vorstand der Organisation Latet, fordert von der kommenden Regierung, ihre Versprechen zu erfüllen und 1 Milliarde Schekel zur Bekämpfung der Ernährungsunsicherheit bereitzustellen. Weiterhin rief er die Politiker dazu auf, endlich die notwendigen Schritte zur Bekämpfung der Armut zu gehen. „Wir warten seit 20 Jahren auf die Einrichtung eines interministeriellen Gremiums zur Armutsbekämpfung und die Verpflichtung zu einem mehrjährigen nationalen Plan, der die Lücken verringern wird, die unsere nationale Widerstandsfähigkeit bedrohen.“

Titelbild: Ein obdachloser Mann im Zentrum von Jerusalem. Inzwischen lebt jeder vierte Israeli unter der Armutsgrenze. Foto: Olivier Fitoussi/Flash90

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