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Nach massivem internationalem Druck: Hausabriss in Ostjerusalem verschoben

JERUSALEM, 07.02.2023 (NH) – Die israelische Regierung hat den Abriss eines großen Wohnhauses in Ostjerusalem nach massivem internationalem Druck auf einen unbekannten Termin verschoben. In dem illegalen Wohnkomplex leben ungefähr acht palästinensische Familien. Der Abrissbefehl steht zwar seit 2014, doch bis dato wurde das Urteil nicht in die Tat umgesetzt.

Druck aus den USA und Europa

Hunderte von Polizisten hätten an der heutigen Abrissaktion in Ostjerusalem teilnehmen sollen. Ein weiterer Abriss, der heute Morgen im Stadtteil Jabel-Mukaber durchgeführt werden sollte, wurde ebenfalls verschoben. Grund für den Aufschub sind nicht nur die extrem kalten und stürmischen Wetterverhältnisse im Heiligen Land.

Diplomaten aus den USA, Großbritannien und anderen Länder hatten sich besorgt an das Büro des israelischen Premierministers gewandt und die geplanten Abrisse verurteilt. Wenig später wurden die Länder davon in Kenntnis gesetzt, dass der für heute angesetzte Termin verschoben wurde.

Das 4-stöckige Gebäude in Ostjerusalem im Stadtteil Wadi Qadum beherbergt 12 Wohnungen, in denen etwa 100 Familienmitglieder leben. Erst kürzlich wurden bedenkliche Risse in den Wänden des Wohnhauses entdeckt, die für gefährliche Instabilität des Gebäudes sorgen. Daraufhin wurde beschlossen, den Wohnkomplex so schnell wie möglich zu evakuieren und das marode Fundament abzureißen.

Der Oberste Gerichtshof ordnete bereits im Jahr 2014 die Demontage des illegalen Wohnhauses an. In den darauffolgenden Jahren versuchten die palästinensischen Familien mit der Jerusalemer Stadtverwaltung eine Einigung zu erzielen, jedoch erfolglos. Die Abrissaktion wurde auf den September vergangenen Jahres datiert. Die Mieter erwirkten eine Verlängerung von 90 Tagen, auf welche weitere 30 Tage folgten. Der letzte Aufschub endet heute.

Ilegaler Häuserabriss als Abschreckung

Die Bewohner des umstrittenen Wohnblocks behaupten in den israelischen Medien, erst kürzlich alternative Abrisspläne mit der Jerusalemer Gemeinde besprochen zu haben. Einen offiziellen Abrissstopp habe es seitens der Stadtverwaltung jedoch nicht gegeben.

Die Jerusalemer Stadtverwaltung erklärte in einer Pressemitteilung: „Wir führen Hausabrissbefehle in allen Stadtvierteln in Übereinstimmung mit dem Gesetz und mit der Unterstützung der israelischen Polizei routinemäßig und das ganze Jahr über durch.“

Nach dem blutigen Anschlag im Jerusalemer Stadtteil Neve Yaakov, bei dem sieben Israelis ermordet wurden, versprach der nationale Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir, aggressive Maßnahmen zu ergreifen, um die Zerstörung illegaler Gebäude in Ostjerusalem als Abschreckung zu verstärken. Die Regierungsopposition nutzte daher den weiteren Abriss-Aufschub, um die Regierung unter Benjamin Netanjahu offiziell zu verspotten. Knessetabgeordneter Gideon Saar und sein Fraktionskollege Zeev Elkin zogen die Entscheidung des Ministerpräsidenten ins Lächerliche. Mit den Worten „Er lässt Dich als Fladenbrot dastehen “untergruben die beiden Oppositionsmitglieder die Autorität des Sicherheitsministers und sorgten damit für Furore. Ben-Gvir verspricht: „Es wird passieren. Wenn nicht morgen, dann übermorgen und wenn nicht diese Woche – dann in zwei Wochen“.

Titelbild: Der Blick auf den Ostjerusalemer Stadtteil Zur Baher. Im Jahr 2021 wurden 177 Häuser in Ostjerusalem aufgrund mangelnder Baugenehmigungen abgerissen. Foto: Yonatan Sindel/Flash90

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